laut.de-Kritik

Gute alte Hip-Hop-Werte statt Gangsta-Tales.

Review von

Pete Best und die Beatles, Platin Martin und die Beginner oder Arabian Prince und N.W.A. - es gibt zig Beispiele von Musikern, die ihre Bands vor dem großen Durchbruch verlassen haben. AchtVier passt ebenfalls in diese Liste. Als er sich 2013 von der 187 Strassenbande trennte, hatte der Hype um die Hamburger erst begonnen.

Schlecht ging es dem Rapper seitdem nicht. Unter dem Radar veröffentlicht er im Ein- bis Zwei-Jahres-Takt Platten, die verlässlich in den Top 30 charten. Auf seinem achten Soloalbum "Diddy" verdeutlicht AchtVier, wie wohl er sich fernab der Trends fühlt: "Kaputte Welt, Kinder sind auf Autotune / Haben mit Hip Hop nichts zu tun, haben die Augen zu."

Statt mit Afro-Trap und überinszenierten Gangsta-Tales die Schuldiskos zu beschallen, pocht AchtVier auf alte Hip-Hop-Werte. "Ich bin sowas wie dein Vater, wenn's ums Rappen auf'm Beat geht / Beat Street, VHS, ganzen Tag auf Replay", heißt es in "Big Pimp". Cuts von Notorious B.I.G. unterstreichen seine Liebe für Hardcore-Rap. Ohne gesungene Refrains, aber mit Super-Mario-Sounds ("Hubba Bubba") hat AchtVier rohe Rap-Songs voller Popkultur-Zitate für die Generation Ü30 geschmiedet.

Knackige Drum-Patterns treffen auf dezente Geigen- und Piano-Loops. Die von Tash08 produzierten Instrumentale halten sich zurück, dienen sie doch nur als Bühne für AchtVier. Der 35-Jährige spielt mit seiner Stimme. Mal klingt sie brummig und entspannt, mal tief und energisch. AchtViers flexibles Organ erweckt den Eindruck, als würden unterschiedliche Typen rappen. Sein Flow wirkt sicher, anspruchsvoll oder gar verspielt klingt er allerdings nicht.

"Ich bin Ghetto seit der Trennung meiner Nabelschnur", verkündet AchtVier mit stolzgeschwellter Brust in "Bad Boy". Zwar trägt er 24/7 eine grüne Brille, die Einnahmen scheinen trotzdem zu stimmen: "Cash rules everything around me, Grüße in die Schweiz / Das denk ich mir nicht aus, jeder will die Dollar Signs". Die Lyrics klingen grob, grammatikalisch manchmal sogar ungelenk. Doch das passt zur rauen Gangart der Musik.

AchtVier glänzt dann am stärksten, wenn er die coole Fassade einreißt. Nicht umsonst hat er das Album seinem Vater gewidmet: "Papa starb, tat unendlich weh, doch wurd dadurch erwachsen." AchtViers Erzählungen leben von detaillierten Beschreibungen, bieten aber genügend Raum für eigene Interpretationen. Dabei nutzt er einen simplen Wortschatz mit jeder Menge Anglizismen.

"Diddy" beweist ein weiteres Mal, dass AchtVier die Trennung von der Strassenbande und ihrem Hau-drauf-Raop guttat. Noch mehr Seelenstriptease und biografische Elemente würden den Wiederspielwert der Musik allerdings erhöhen. So bleibt "Diddy" immerhin ein solides Straßenrap-Album, das eine eigene Geschichte erzählt.

Trackliste

  1. 1. Stück Scheisse
  2. 2. Whoa (feat. TaiMO)
  3. 3. Hubba Bubba
  4. 4. Bad Boy (feat. Marvin Game)
  5. 5. Big Pimp
  6. 6. Motherfucker (feat. BEKA)
  7. 7. Haddaway
  8. 8. Kleeblatt
  9. 9. Diddy (feat. Alex Diehl)
  10. 10. Seitdem
  11. 11. Vamos (feat. Danny 111, Stanley (Rapper) & TaiMO)
  12. 12. Auf Der Hut 2 (feat. Herzog & Mosh36)
  13. 13. Appel Und Ei
  14. 14. Soll Ich Auch So Tun (feat. BOZ & Reeperbahn Kareem)
  15. 15. Outro (Diddy)

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