laut.de-Kritik
Ein exquisiter Tempel des Schmerzes.
Review von Ulf KubankeDie Südstaatlerin Aimee Mann hat noch kein einziges schlechtes Album aufgenommen. Auch auf "Mental Illness" überzeugt ihr eindringlicher, neuerdings introvertierter Folkpop auf ganzer Linie. In manchen Momenten denkt man sogar an Kammerfolk.
Die sehr laid back und akustisch angelegten Arrangements untermalen die Essenz der Songs nachhaltig. Eine Platte, wie gemacht für blaue Stunden nach Sonnenuntergang. Der Titel des Albums ist durchaus doppeldeutig gemeint. Einerseits spielt er augenzwinkernd mit Manns Image als tiefgründige, oft etwas beladen wirkende Depri-Singer/Songwriterin. Andererseits setzt sich die Platte textlich tatsächlich mit den Eigenarten des menschlichen Geistes auseinander.
Die Palette reicht von psychischen Störungen wie Depressionen oder Ängsten bis hin zu harmloser Exzentrik. Es geht darum, was passiert, wenn das eigene Leben komplett aus den Fugen gerät. Dabei nimmt die Musikerin teilweise die Perspektive der Beobachterin ein, rutscht mitunter aber auch in die Position der Betroffenen, die alles Besungene vom eigenen Leibe her kennt.
So bilden diese elf Tracks zusammen einen exquisiten Tempel des Schmerzes. Diese Verzweiflung sollte Fans moderner Trauerklöße wie Lana Del Rey durchaus ansprechen. Die Musik ist hingegen eher etwas für Rickie Lee Jones- oder Joni Mitchell-Fans.
Obwohl die Lieder allesamt von sehr homogener Qualität sind, kristallisiert sich "Philly Sinks" als Anspieltipp heraus. Ein wunderschönes, kleines Walzer-Drama mit gezupfter Akustikgitarre und intensivem Chorus.
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