laut.de-Kritik
Karl-Heinz und Bernd gönnen sich hart.
Review von Markus BrandstetterJohn und Paul. Mick und Keith. Plant und Page. Morrissey und Marr. Die Reihe der unschlagbaren Duos der Pop- und Rock-Geschichte ist lang und muss längst dringend um zwei Namen ergänzt werden: Karl-Heinz und Bernd. Karl-Heinz und Bernd sind nämlich nicht nur dicke Homies, sondern seit 1970 auch eine Band, und seit langer Zeit sogar eine im deutschen Sprachraum sehr erfolgreiche.
Auch wenn die Amigos den jüngeren Semestern wahrscheinlich eher wegen TV-Werbungen ein Begriff sind: In einer heilen Welt fernab von Indie-Geschmäcklertum und Musik-Snobismus füllen Kalle und Bernd Halle um Halle und verkaufen ihre Longplayer in wahrlich beachtlichen Stückzahlen.
Ich habe mich vor wenigen Monaten bereits intensiv mit dem Werk der Amigos beschäftigt. Für "Kotzendes Einhorn" habe ich mich bereits durch sämtliche erhältlichen Alben der Amigos-Diskographie gehört und den Selbstversuch dokumentiert. Gibt es hier nachzulesen. Nachdem ich mir nach einer Amigos-Überdosis schon schwor, mit dem Thema durch zu sein, legen die beiden mit einem neuen Album nach. Es heißt "Wie Ein Feuerwerk", und auf dem Cover tragen die beiden rote Klamotten und stehen vor einem Feuerwerk. Das passt thematisch sehr gut, das ist wohldurchdacht und marketingtechnisch 1a. Diese Teufelskerle!
"Wie Ein Feuerwerk" haut natürlich anständig auf die Kacke. Die Amigos haben längst herausgefunden, was gewollt, geliebt und gekauft wird. Darauf konzentrieren sie sich und hauen, man gönnt sich schließlich hart, am Ende noch einmal einen Mega-Mix als Bonustrack drauf. Für die Zielgruppe. Und die Zielgruppe, die will glückselig und sehnsüchtig sein, schunkeln und träumen. Träumen von Stränden und Küstenstädten und Liebschaften und familiärer Harmonie, die Kerbe ist gut eingeschlagen, und das Duo bearbeitet sie einmal mehr. Für Schlager wahrlich nichts Ungewöhnliches.
Die Amigos liefern wieder ab, wie man das von den zwei Herren gewohnt ist. Am Anfang gleich der Titeltrack: Alleinunterhalter-Keyboards und Schunkelbeats. "Wie ein Feuerwerk Richtung himmelwärts / Und die Liebe zu dir war geboren", singen sie. Jaja, die Liebe. Mitten ins Herz, und so. Zeit für Zärtlichkeit! Aber die Liebe ist auch mal on hold: Bei "Lass Uns Leben" läufts mit der Hingabe nicht mehr so. Als Gegenvorschlag stellen Karl-Heinz und Bernd ein "Shanananana, lass uns leben" in den Raum. Das sollte genügen, um die leicht desolate Liebe von neuem aufflammen zu lassen, das hier ist schließlich ein fuckin' Feuerwerk.
"Warum Siehst Du Aus Wie Ein Engel" beschäftigt sich mit profunden Fragen der Ästhetik und Schönheit, bei "Silbermond" ist wieder etwas mit dem Herzen los, und um zu wissen, wovon "Für Dich Geh Ich Nochmal Durchs Feuer" handelt, braucht man auch kein Philosophiediplom. Wieso auch? Die Amigos sind auch manchmal ein bisschen nachdenklich, das sind sie sich und ihren Fans schuldig, das Leben ist ja nicht immer ein Ponyhof. Aber die meiste Zeit ist, wie ich das bereits bei allen ihren anderen Platten schon festgestellt habe, Urlaub.
Vierzehn Songs und einen Hitmix haben sie raufgepackt. Vierzehn Stücke rund um das Organ auf der linken Brustseite und seine Irrungen und Wirrungen. Es unterscheidet sich keinen Millimeter von dem, das man sonst so von den Amigos gewohnt ist. Und es macht die Amigos-Fans bestimmt genau so glücklich wie jeder andere ihrer Longplayer und hat somit mindestens genauso viel Daseinsberechtigung. Karl-Heinz und Bernd werden dafür nicht lange im Studio gewesen sein, die alten Hasen. Die Zeit, die man sonst dort zubrächte, kann man auch mit der Ernte des Erfolgs verbringen, vielleicht auf irgendeiner Urlaubsinsel oder beim Tennisspielen.
Die Fans schunkeln, die Tour wird sicher gut abwerfen und die Menschen glücklich und Karl-Heinz und Bernd reich machen. Wir, die anderen, werden das Albumcover vielleicht in irgendeiner TV-Werbung sehen. Alles beim Alten, also. Eiskalt durchgezogen, Jungs. Wohl bekomms!
29 Kommentare mit 75 Antworten
Ungehört 5/5.
Bei der Punktvergabe ging wohl etwas schief. Muss natürlich 5/5 heißen. Ganz klar die Platte der Woche.
Wahrscheinlich mit großen Abstand. Album Of The Year- Stuff. Eindeutig.
Was ist eigentlich aus der Spongebob/Amigos-Collaboration geworden? Kommt da noch was?
Gruß
Skywise
was suchen die Amigos auf Laut.de? Dass das Prekariat auch Töne braucht, ist doch allgemein bekannt.
schwör album is lit af
Hab ne 5 gegeben, ungehört, besser als die Dingens, wie heißt sie noch, Helene Berg-Bohlen sind sie allemal.