laut.de-Kritik

Norah Jones' Protégé setzt auf Solidität.

Review von

"Es gibt nicht genug Worte auf der Welt, um zu beschreiben, wie wunderbar Amos Lee ist. Er berührt mich so tief in meinem Herzen, meiner Seele, dass es fast körperliche Schmerzen verursacht. Bei dieser unglaublichen Stimme schmilzt man, wie Eis in der Sonne, wie Wachs unter der Flamme. Du kannst dich deiner tiefsten Seelentrauer und dem größten Lebensglück gleichermaßen hingeben, wenn du nur einen Song hörst, aber du willst mehr, mehr, mehr ..., heißt es zum Debüt des Singer/Songwriters aus Philadelphia. Der Wunsch nach einem neuen Werk hat sich nun erfüllt.

Nachdem sich Lee auf seinen ersten zwei Alben mit Norah Jones und Lizz Wright geschmückt hat, setzt er diesmal weniger auf bekannte Namen, sondern eher auf Solidität. Wobei die Mitglieder seiner Studioband das Herz des Kenners höher schlagen lassen: Neben seinem treuen Schlagzeuger James Gadson (schon bei Ray Charles und Paul McCartney) besteht sie aus Bassist Pino Palladino (Nachfolger von John Entwistle bei The Who), Orgelspieler Spooner Oldham (seit Jahrzehnten mit Neil Young unterwegs) und dem Bluesgitarristen Doyle Bramhall Jr. (sonst an der Seite von Eric Clapton). Ein Top-Team also, bei dem Don Was die Regie führte, der unter anderen schon Bob Dylan und die Rolling Stones unter seinen Fittichen hatte.

Bei soviel Qualität kann nicht allzu viel schiefgehen. Tut es auch nicht. Der beseelte Opener überrascht mit pumpendem Bass, schleifendem Schlagzeug und leicht verzerrten Gitarrentönen. Hat Lee etwa den Rock entdeckt? Bereits "Won't Let Me Go" rückt das Weltbild wieder zurecht: Ein schmachtendes Stück, in dem eine Menge Rhythm And Blues steckt. Das Album setzt sich mit eher ruhigen Tönen fort, mal souliger ("Baby, I Want You", "Truth", "Jails And Bombs"), mal folkiger ("Ease Back" und "Better Days", die schon fast an Paul Simon erinnern). Zwischendrin ist sogar noch Platz für eine Prise Country ("It Started To Rain").

Das Ergebnis ist anspruchsvoller Pop, der sich nicht mit Platitüden zufrieden gibt, obwohl das Hauptthema – wie könnte es anders sein? – die Liebe ist. In nur eine Woche in Los Angeles aufgenommen, überzeugt "Last Days At The Lodge" mit seiner unaufgeregten Tiefe, die ein Gefühl der Geborgenheit erzeugt. Dass Lee so etwas mit 31 zustande bekommt, ist ein erneuter Beweis, dass er konsequent seinen Weg geht, ohne sich von modischen Erscheinungen beindrucken zu lassen. Was die Auswahl seiner Begleitmusiker unterstreicht, die allesamt gestanden und wesentlich älter sind als er.

Trackliste

  1. 1. Listen
  2. 2. Won't Let Me Go
  3. 3. Baby I Want You
  4. 4. Truth
  5. 5. What's Been Going On
  6. 6. Street Corner Preacher
  7. 7. It Started To Rain
  8. 8. Bombs
  9. 9. Kid
  10. 10. Ease Back
  11. 11. Better Days

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