laut.de-Kritik
Shoegazing auf der Streckbank.
Review von Matthias Manthe"Unser nächstes Album soll lauter werden, abenteuerlicher und experimenteller. David Lynch-Musik." Selbst für Michael Feerick sind das starke Worte. Sie bezeugen das neu gewonnene Selbstbewusstsein eines musikalischen Wunderkindes, dessen Debüt vor kurzem die Herzen der klängebeschreibenden Zunft reihenweise eroberte. Feerick hatte in jahrelanger Heimarbeit aus den Ingredienzien Leidenschaft, Sehnsucht und Rebellion einen Shoegazer-Orkan im Absinthglas geschmiedet, das vor Aufbruchsgeist pausenlos überzuschwappen drohte.
Nur allzu verständlich, wenn der Amusement Parks On Fire-Frontmann die Messlatte für den zweiten Langspieler jetzt um einige Sprossen hochschiebt. "Out Of The Angeles" heißt er, zusammen mit Band entstand er und ganz nach oben will er. Auf den Olymp des undogmatischen Emorock. Und greift auf halber Höhe fatal daneben. Der Gipfel, das atemberaubende Drama des Erstlings bleibt zwar immer in Blickweite - aber auch ewig unerreicht.
Schuld ist die Überambition. Feerick und Co. begnügen sich diesmal nicht mit der Rolle weltverschwenderischer Stürmer & Dränger, sondern begehen Mini-Epen im Bombastgerüst. Unter sechs Minuten läuft hier wenig, jede Songidee landet auf der Streckbank. So entstehen romantisierte Panoramen von Sternenhimmeln und Schattenwelten, die allerdings gerade wegen ihres Breitbildformates Dynamik und Distinktion vermissen lassen.
Dabei besitzen die einzelnen Stücke selbst oft bemerkenswerte Qualität. Der treibende Titeltrack fängt glühende Sommernachtsträumereien perfekt ein und begeistert mit sanften Verschiebungen in Harmonie und Tonfolge. Das opulente "A Star Is Born" jagt schon durch seine breiten Uuuu-Aaaahs Schauer der Verzückung über die Haut. Auch hier wäre jedoch mehr Kompaktheit angeraten gewesen.
Regelmäßig versteckt sich Feericks nun entpunkte, geglättete Stimme zwischen shoegazer-typischer Unsauberkeit und stoischem Trommelwummern, um in schwärmerischem Silbendehnungseifer Pathos zu zelebrieren. Einlullen statt Wachrütteln lautet die Devise. Folge: zu viel von allem, zu viel vom gleichen. Spätestens nach dem ebenfalls überlangen Streicher-Interlude "So Mote It Be" weicht Sättigungsgefühl leichtem Sodbrennen.
Kurz vor Ende der Odyssee kraxelt "No Lite No Sound" noch einmal auf höheres Niveau und rettet dem Album eine eingeschränkte Kaufempfehlung. Dennoch bleibt die Enttäuschung darüber, dass der Wagemut und das Aufbegehren des herausragenden Vorgängers auf "Out Of The Angeles" vielfach ein uneingelöstes Versprechen bleiben.