laut.de-Kritik
Beruhigend wie starkes Sedativum.
Review von Martina SchmidMatt 'Aqualung' Hales hat klassische Komposition studiert, mehrere gescheiterte Band Projekte hinter sich und wurde im U.K. unverhofft zum Chartstürmer, nachdem er einen Song für einen VW-Werbespot zur Verfügung stellte. Seine Ausbildung ist denn auch schwer zu überhören: passgenau abgestimmte Pianoklänge, ab und an verziert mit dezenten Streichereinlagen oder versteckten elektronischen Spielereien, untermalen seine Stimme.
"Strange and Beautiful" war der Song, der den Stein ins Rollen und Aqualung den ersehnten Erfolg brachte. Ein ätherisches und federleichtes Stück Musik. Matt Hales Stimme scheint durch einen watteweichen Filter zum Hörer durchzudringen.
Eine gewisse stimmliche Verwandtschaft des Newcomers zu Radioheads Tom Yhorke oder Coldplays Chris Martin liegt auf der Hand. "If I Fall" wäre mit Sicherheit weder auf "Parachutes" noch auf "Kid A" unangenehm aufgefallen, genau so wenig wie "Just A Moment". Wie bewusst sich Aqualung die beiden Sänger und ihre Alben angehört hat, sei mal dahin gestellt. Die Symbiose, die seine Stimme mit den traurig weichen Pianomelodien eingeht, ist jedenfalls schon fast zu perfekt.
Und so gibt eine Ballade der nächsten die Klinke in die Hand. Matt Hales Gesang ist dabei meistens schmerzerfüllt, manchmal weinerlich wispernd, verzweifelt oder anklagend. Und diese schier unerträglichen Harmonien in seinem Spiel wirken beruhigend wie starkes Sedativum.
Das Manko dieses an sich sehr schönen Albums ist seine Gleichförmigkeit. Nicht unbedingt monoton, aber allzu ähnlich sind sich die Songs. Um es etwas überspitzt zu formulieren: die Stücke sind unter sich schon beinahe austauschbar. Keines vermag tatsächlich herauszustechen, was die Platte aber wiederum prädestiniert, sie sich in einem Schwung durchzuhören. Nur dramaturgisch betrachtet gleicht der selbstbetitelte Erstling eben dem EKG eines Toten.
Trotzdem hat der Brite zweifellos ein insgesamt sehr stimmungsvolles und durchweg angenehmes Werk geschaffen, was ja durchaus auch keine Selbstverständlichkeit ist. Wer mit oben genannten Künstlern Freundschaft geschlossen hat, wird sich bestimmt auch mit diesem jungen Herren gut verstehen.
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