laut.de-Kritik

Das Leben klang nie schöner.

Review von

Tanzen wir nicht lang um den heißen Brei herum: Arlo Parks Zweitling überzeugt auf ganzer Linie. Bereits mit ihrem Debüt "Collapsed In Sunbeams" begeisterte die Britin die Musikwelt und eroberte die einsamen, von der Pandemie ausgemergelten Herzen der Welt im Sturm. Mit "My Soft Machine" legt sie nun nach und bietet erneut einen zärtlich heilenden Balsam für die Seele.

Der Sound von "My Soft Machine" knüpft mühelos an den so charakteristisch warmen und weichen Klang vom Vorgänger an, findet aber doch sein ganz eigenes Klangbild. Verspielt winden sich die Synthie-Flächen durch die einzelnen Songs, werden hier und da geleitet von ermutigenden Drums und psychedelischen Gitarren. Die Sängerin hat ihre Nische zwischen poppig beeinflusstem Neo-Soul und leichten Indie-Tönen gefunden - und fühlt sich darin hörbar pudelwohl.

Die dreizehn Songs vergehen wie im Flug und schaffen eine einladend gemütliche Atmosphäre, in der es schwer fällt, sich nicht heimelig einzurichten. Mit gewohnt sanfter Stimme erzählt Arlo Parks aus ihrem Leben und lässt die Hörenden an ihrem Leben teilhaben. Die große Liebe, kaputte Freundschaften, die ewig eigenen Unsicherheiten - all das findet sich auf "My Soft Machine". Die Ehrlichkeit der Sängerin lässt mitfühlen, ohne Mitleid zu verlangen. "I been working incessantly, but that won't keep the wolves at bay / I been working incessantly, like I was feeling trapped in craze / tried to tell my therapist every thing, tried to meditate, fuck the pain away / tried to move out to L.A., dye my hair lime, be a saint / but I won't peek through the blinds I shut in myself / and so nothing changed."

Statt sich von der Negativität des Lebens runterziehen zu lassen, packt Arlo Parks ihre Texte in butterweiche Tracks, die alles weniger schlimm erscheinen lassen. Ganz nach dem Motto: Ja, das Leben ist manchmal scheiße. Aber schau wie schön dieser Song geworden ist, dann kann es gar nicht so schlimm sein. Ihr Gespür für Refrains, die durchaus poppigen Charakter haben, dabei aber wahnsinnig natürlich klingen, tragen ihren Teil dazu bei.

So säuselt die Hook von "Impurities" auch noch lange nach dem Verklingen des Albums durchs Ohr und verbreitet ein lauschiges Gefühl: "I radiate like a star / when you embrace all my impurities / I feel clean again." Auch "Devotion", das klingt wie das uneheliche Kind von Mando Diao und D'Angelo, oder die organischere Nummer "I'm Sorry" wirken noch lange nach.

"My Soft Machine" überzeugt auf ganzer Linie und macht insgesamt einen genauso runden Eindruck wie die einzelnen Songs für sich. Auch der Name scheint sehr passend gewählt, finden sich auf Arlo Parks zweiter Veröffentlichung deutlich synthetischere, gleichzeitig aber sanftere Töne als noch auf ihrem Debüt. Ein Album für jede Jahreszeit und Stimmung. Das Leben klang nie schöner.

Trackliste

  1. 1. Bruiseless
  2. 2. Impurities
  3. 3. Devotion
  4. 4. Blades
  5. 5. Purple Phase
  6. 6. Weightless
  7. 7. Pegasus (Feat. Phoebe Bridgers)
  8. 8. Dog Rose
  9. 9. Puppy
  10. 10. I'm Sorry
  11. 11. Room (Red Wings)
  12. 12. Ghost

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1 Kommentar mit 9 Antworten

  • Vor einem Jahr

    In Töne gegossene Langeweile. Erinnert mich ein bisschen an Tasmin Archer. Die war gegen Arlo aber geradezu ein Feuerwerk der Avantgarde und dankenswerterweise auch ein One-Hit-Wonder. Da könnte sich Frau Parks gerne ein Beispiel dran nehmen, aber dazu müsste sie erst mal einen Hit landen.

    • Vor einem Jahr

      Meinste jetzt Hit im Sinne von kommerziellen Erfolg? Ist nicht unbedingt ein Gütesiegel imo. Ansonsten fand ich Black Dog relativ hittig:

      https://youtu.be/QOu0Ht0-D4M

    • Vor einem Jahr

      Auch so ein Fall einer Sängerin, deren Beliebtheit ich kaum fühlen kann. Ganz nett, mehr nicht. Reicht manchmal schon, um ganz schnell ein Name zu werden.

    • Vor einem Jahr

      Ich mag sie sehr und ich finde die Review beschreibt das auch ganz schön. Hier geht es mehr um die Texte und um den Vibe, als darum, musikalisch das Rad neu zu erfinden. Musik für spät nachts oder einen faulen Sonntagmorgen.

      Darüber hinaus ist Arlo ja immer noch jung und ihre Einflüsse besonders für das Alter extrem eklektisch. Da kann also auch noch viel passieren. Mir gefällt's.

    • Vor einem Jahr

      Bin da ganz beim Frieder.

    • Vor einem Jahr

      Ah, okay. Glaube, da ist auch bei vielen Musikern und Musikerinnen ein Problem für mich. Meine Fremdschamgrenze für Lyrics oder Gedichte ist ziemlich niedrig, also überhöre ich sie bei den ersten Durchläufen erst mal. Im letzten Jahrzehnt sind Harmonien, Melodien, Rhythmen weniger wichtig geworden, also entgeht mir manchmal vielleicht was.

    • Vor einem Jahr

      Dann solltest du vielleicht nur noch Instrumentalmusik hören oder gute Bücher lesen.

    • Vor einem Jahr

      Man sollte generell eigentlich nur die guten Bücher lesen. Das macht das Leben deutlich angenehmer!

    • Vor einem Jahr

      Finde Lyrics einfach wesentlich substanzloser, langweiliger als eine Akkordfolge. Ich beschäftige mich im Alltag schon genug mit Inhalten, und möchte von Musik lieber emotionale Erlebnisse bekommen. Ist der Hauptgrund, weshalb Hip-Hop weniger Reiz für mich hat. Eine gute Melodie kann ich tausend mal hören, eine gute Textzeile nutzt sich bei jedem Hören und Lesen enorm ab für mich. Vocals sind allerdings wichtig als körperlichstes aller Instrumente.

    • Vor einem Jahr

      Ist ja voll okay. Ich höre sonst auch sehr viel Instrumentalmusik. Aber Arlo hat mich mit der Mischung aus Alltagsbeschreibungen und kleinen Poesie-Momenten irgendwie doch abgeholt. Und ein paar schöne Melodien gibt's obendrein.