laut.de-Kritik
Mit dem Mut des Progressiven.
Review von Matthias BossallerAt The Gates sind noch nie auf Nummer sicher gegangen. Die schwedischen Melo-Deather haben in ihrer Karriere für so manche stilistische Überraschung gesorgt und sich nie am vorangegangenen Album orientiert.
Genauso verhält es sich auch mit dem aktuellen Langeisen "The Nightmare of Being", das nach Aussage von Bandleader und Sänger Tomas "Tompa" Lindberg abwechslungsreich wie noch nie geworden ist. Dabei haben sich viele Fans vielleicht ein "Slaughter Of The Soul" Part zwei gewünscht. Der urgewaltige Bandklassiker aus dem Jahr 1995 ist die eindimensionalste Scheibe im Schaffenskosmos der Göteburger und wahrscheinlich deshalb die beliebteste.
At The Gates lassen sich von solchen Erwartungen aber nicht leiten. Das Quintett will sich immer wieder selbst herausfordern und seine rhythmische und stilistische Palette erweitern. Das ist der Band auf ihrem siebten Studioalbum vollauf gelungen. Ihr Deathmetal ist düster, wuchtig, episch und komplex – vielleicht an einigen Stellen zu komplex.
Das gewagteste Experiment stellt das mit Saxofon, Prog-Rhythmen und Sprechgesang versehenen "Garden of Cyrus" dar. Eine starke progressive Ausrichtung besitzt auch "The Fall into Time". Der orchestrierte Beginn gibt die Stimmung eines alten Horrorfilms wieder und verbreitet eine epische Düsterheit. Treibend und brachial gehen At The Gates auf dem Opener "Spectre of Extinction" zu. Aufgelockert wird der Song durch ein Gitarren-Solo des King-Diamond-Gitarristen Andy LaRoque. Auch das fiebrige "The Paradox" und vor allem "Touched by the White Hands of Death" knüppeln herrlich nach vorne. Hier kommt Lindbergs hysterisch-verzweifelte Stimme besonders gut zur Geltung.
Der Titeltrack verbindet treibende Härte mit progressiven Elementen, plätschert insgesamt aber zu sehr vor sich hin. Einschläfernd ist leider auch "Cosmic Pessimism" geraten, der schwächste Song der Scheibe. Das textliche Konzept, das die Philosophie des Pessimismus behandelt, wird durch die gesprochenen Passagen besonders herausgestellt.
Gutklassige Songs wie "Cult of Salvation" und "The Abstract Enthroned" gleichen die beschriebenen Schwächen wieder aus. Hier spielen Tempo, Breaks und schredderndes Riffing die tragende Rolle. Mit dem abschließenden "Eternal Winter of Reason" leben ATG ihren Hang zum Progressiven erneut aus. Ich persönlich hätte mir eine straightere Ausrichtung wie auf dem Comeback-Werk "At War With Reality" gewünscht. Doch die mutige Herangehensweise werden gewiss viele Hörer würdigen.
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