laut.de-Kritik

Welcome to the Creepshow.

Review von

"Get up, get up, come out! / We're chasing twilight / Raise your glass / Welcome to the creepshow". Ob schwarzgekleidete Freaks heutzutage immer noch schmissigen Glamrock hören, ist zweifelhaft. Tobias Sammet kratzt das nicht. Er spielt ihn gewohnt leidenschaftlich und mit knarzig-hoher Stimmenlage, als wäre es 1985. Der Opener weist dabei noch keine Spuren von "(Here Be) Dragons" auf, sondern feiert die aktuelle Weltuntergangsstimmung. Auch das eine Reminiszenz an die 80er, als man der drohenden Nuklearkatastrophe tanzend den Mittelfinger zeigte.

Wie niemand sonst nimmt sich Sammet seit Jahren mit Avantasia den einstigen Outlaw-Charakter des Metal zur Brust und führt ihn durch die Manege auf die Musicalbühne. Es braucht nur die ersten Akkorde, schon wähnt man sich händeklatschend in einem dunkel-romantischen Theatersaal vor den Toren der Kleinstadt. Im hymnischen Titeltrack öffnen Tobias sowie Gesangsgott und langjähriger Wegbegleiter Geoff Tate die Pforten der Fantasie. "Keep your stance desparingly / And lock your world away". Verschließe dich und du kannst nicht gebrochen werden. Komme zu uns in die Welt der Drachen "Delve into dreams unknown / Make yourself at home / There'll be dragons / You won't be alone". Eskapismus im Angesicht der Katastrophen par Excellence.

Musikalisch sind beide Tracks, das kurze "Creepshow" und das epochale "Here Be Dragons" keine Ohrenöffner. Sie fügen sich jedoch stabil in Sammets Schaffen, ohne in den Top-Listen aufzutauchen. Es fehlt die Wucht, das Zwingende und auf der melodischen Seite die ganz große Geste. Ganz anders startet das sphärische "Moorlands At Twilight", dessen bildhafter Titel einen Extrapunkt verdient. Das Tempo zieht an, der Power Metal streift durch die Wälder, und wenn sich dann noch Michael Kiske in die Drachengeschichte einmischt, sprüht das Feuer wie Dracarys.

"The Witch" mit Kamelot-Sänger Tommy Kareviks überzeugt als Midtempo-Mosher mit präsenten Keyboards, Nightwish-Vibes und dem ersten wahrhaft wundervollen Refrain. Die Sonne strahlt, die Hexen tanzen. Tommys kehliges Timbre harmoniert als Gegensatz dazu wunderbar. Wer da nicht schwoft, kommt aus Dithmarschen - und der Rock geht weiter. Immer wenn Paul Christensen aka Ronnie Atkins seit "Back To Back" vom Pretty Maids-Debüt zum Mic greift, entsteht ein veritabler Banger. Auf "Phantasamorga" überspielt der Däne seine schwere Erkankung mit Willen und jener Leidenschaft, die Avantasia-Alben trotz so mancher Klischees stets hörenswert machen.

Die Menschen haben Spaß und lieben, was sie tun. So auch Magnums Bob Catley. Nur von Keyboards begleitet, führt Bobs charismatische Stimme "Bring On The Night" ein. Stets wähnt man sich "on a storytellers night", selbst wenn Bob ein Telefonbuch singen würde. Nach dem Intro entwickelt sich der Song natürlich zum klassischen Groover, irgendwo zwischen Foreigner und sanften Metal-Anleihen. Magnum-Fans verdrücken nicht nur eine Träne ob des Tony Clarkin ehrenden Tracks.

Bis auf die ersten beiden Tracks hält Sammet das Niveau hoch. Aus seinem Solo "Unleash The Kraken" geht er voll Helloween und überrascht mit Double Bass und Mosh Part zum Ende hin. "Avalon" ist bombastischer Power Metal mit Folk-Anleihen aus England, dem Titel angemessen. "Against The Wind" mit roher Energie und dem stets unterbewerteten HEAT-Frontmann Kenny Leckremo ist der schnellste und beste Track, während "Everybodys Here Until The End" als Power-Ballade "Here Be Dragons" abschließt.

Wo steht "Here Be Dragons" nun als zehntes Avantasia Album in Sammets Schaffen? Die Produktion wirkt dieses Mal weniger gitarrenlastig, sie klingt heller mit mehr Rock-Anteilen als Metal-Vibes. Unvergessen "Metal Opera I" sowie das immer noch fast nicht begreifbare "Moonglow". An jene Klassiker reicht das Werk nicht heran. Trotzdem drängen auch vom neuen Album einige starke Songs in die Playlists der Live-Shows. Also, Fans, Raise Your Glass. Welcome to the Creepshow.

Trackliste

  1. 1. Creepshow
  2. 2. Here Be Dragons
  3. 3. The Moorland At Twilight
  4. 4. The Witch
  5. 5. Phantasmagoria
  6. 6. Bring On The Night
  7. 7. Unleash The Kraken
  8. 8. Avalon
  9. 9. Against The Wind
  10. 10. Everybody's Here Until The End

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