laut.de-Kritik
Lelele, lelele: Texte sind beim KMN-Duo komplett sekundär.
Review von Moritz FehrleWenn man schon die einzelnen Vorabsingles eines Albums kaum unterscheiden kann, ist das meist kein gutes Zeichen. So geschehen bei den Dresdner Rappern Azet & Zuna, die ihr erstes gemeinsames Album "Super Plus" großzügig mit gleich fünf Videoauskopplungen bewarben. Das durchgängige Erfolgsrezept lautet: viel Refrain, viel Autotune und dazu sommerliche Beats. Der Lohn: Millionen Klicks. Nun also die Platte oder noch lieber die "Gucciletten"-Deluxe-Box, die vorrangige Vertriebsform des Machwerks.
Der vielleicht stärkste Vorabsong "Kamehameha" geht als wenig anspruchsvoller, aber grundsolider Kampfschrei der beiden ins Ohr. Einen Großteil dazu trägt sicherlich der melodische Beat des Produzenten-Teams um Jugglerz und Lucry bei, die soundtechnisch für den Großteil des Albums verantwortlich zeichnen. Schematisch ähnlich gestalten sich "Lelele" und "Zieh": ein bisschen Punch in den Strophen und zur Belohnung dann ausgedehnte Autotune-Hook. Spätestens bei "Hallo Hallo" wünscht man sich dann, dass Autotune mal kurz Pause hat.
Zudem stößt mir allmählich die textliche Inhaltslosigkeit auf. Nennt mich altmodisch, aber ich bringe bei einem Deutschrap-Album die Erwartung mit, dass zumindest eine Zeile hängen bleibt. Weil sie unerwartet ist, clever oder auch provokant. Fehlanzeige! "Super Plus" reiht Klischee an Klischee. Bitches, Drogengeld und Neider, für die man den Ballermann zückt. Texte sind beim KMN-Duo komplett sekundär. Was zählt ist das "Lelele, lelele". Dass Azet in "Skam Koh" die Hook auf albanisch singt, fällt eigentlich kaum auf. Zumal mich Genius recht schnell in meiner Vermutung bestärkt, dass inhaltlich auch keine neuen Fässer aufgemacht werden. Trotzdem mal ein bisschen Abwechslung und ein nettes Gimmick, selbst wenn der Song zu den schwächsten zählt.
Das größte Problem an "Super Plus" ist die komplett fehlende Innovation. Die Songs wirken wie mit dem Baukasten zusammengesetzt. Alles ist fein danach ausgewählt, ob es massentauglich klingt und in der Vergangenheit schon funktioniert hat. Nur kein unnötiges Risiko eingehen! Azets Behauptung "von der Mucke, die ihr macht, bin ich der Vater" ist schlichtweg dreist. Vor allem wenn im direkt darauf folgenden Song RAF Camora als Feature auftaucht, bei dessen Plastikpalmen-Erfolg man sich mehr als nur ein bisschen bedient.
Die Strophen von "Wenn die Sonne untergeht" bergen wieder Potenzial. Autotune verstummmt und Azet flext seinen Text schön aggressiv in Celo-Manier runter. Hält dann aber nicht besonders lange an, bevor sich Zuna effektgetränkt durch die Hook lispelt. Warum schläft er darin eigentlich "mit Hyänen"? Sodomie ist als Thema doch viel zu edgy für das Duo. Auch egal, lelele. Strophen nutzt das Duo in der Regel nur, um die Zeit zwischen zwei Hooks zu überbrücken. Dazu kommt dann gerne noch eine Pre-Hook und eine Bridge.
Man muss Azet & Zuna zugute halten, dass "Super Plus" erhebliches Ohrwurm-Potenzial aufweist. Nur dass einem die Hooks mit der Eisenstange eingeprügelt werden. Beispiel gefällig? "Ich bin süchtig nach Geld, verdammt / Ich bin süchtig nach Geld, verdammt / Gib die Patte, lass uns Batzen zähl'n / Gib die Patte, lass uns Batzen zähl'n / Ich bin süchtig nach Geld, verdammt / Ich bin süchtig nach Geld, verdammt / Gib die Patte, lass uns Batzen zähl'n / Gib die Patte, lass uns Batzen zähl'n, ey yo." Ey yo zurück. Dass diese "Hook" am Ende des Songs doppelt vorkommt, versteht sich von selbst.
Trauriger Höhepunkt der Stangenware ist "Pam Pam". Wie in "Kamehameha" schießt man hier wieder auf Feinde (welche Feinde eigentlich?): "Lad nach es macht pa-pa, pa-pam / Beim Vorbeifahr'n, pa-pa-pam." Nach konservativer Zählung komme ich auf 52 (in Worten: zweiundfünfzig) Treffer. In der Kriminologie nennt man so etwas einen Overkill. Das sommerliche Popgewand von "Ghetto" wirkt zwar recht überzeugend, am Ende fühlt man sich trotzdem matschig im Kopf. "Super Plus" wirkt wie das musikalische Äquivalent zu einer Piña Colada. Ziemlich klebrig und süß, für einen Sommerabend manchmal aber genau das Richtige. Wenn ich aber vierzehn hintereinander trinke, muss ich leider kotzen.
10 Kommentare mit 4 Antworten
Soll das Gepose vor der schwarzen Schrottkarre auf dem Cover, umgeben von teuren Sportwagen, irgendwie Selbstironie sein? Macht ja gar keinen Sinn.
Album natürlich ungehört - und bleibt auch so.
Kann ich mir ähnlich wie JPG 2 oder Blackout 2 gut zwischendurch geben ohne auf die Texte zu achten
Diese Lumpen werden natürlich mit einer 1/5 Bewertung abgestraft
Die letzten drei Sätze hätten mir allein schon als Review gereicht
Wann endet endlich dieser gottverdammte Auto-Tune-Proll-Rap-Trend? Ich verstehe einfach nicht, wie man das nur ansatzweise gut finden kann. Aber hey. Das haben die älteren Jahrgänge damals sicher auch über uns gesagt, wenn wir mit Nu Metal und Co. ankamen.
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