laut.de-Kritik
Habt euch lieb! Aber dalli!
Review von Xifan YangDie neue Badly Drawn Boy zu hören, ist wie den Trödelladen eines Märchenonkels zu besuchen. Ein Sammelsurium aus altmodischem Holzspielzeug und liebenswertem Krempel. Mitten in der Szenerie ein schusseliger Kauz, der Musik zu Filmszenen komponiert, in denen Enten mit alten Ökobrotleiben erschlagen werden ("Dead Duck" aus dem "About A Boy"-Soundtrack). Um ihn herum sitzen im Stuhlkreis kleine Kinder mit Ringelschalen und klatschen brav zum Takt in die Hände. Niedlich, oder?
Der bewollmützte Onkel mit Klampfe namens Damon Gough glaubt in diesen ach so turbulenten und unsicheren Zeiten noch immer (oder jetzt erst recht?) an das Gute im Menschen. Und das will er seinem Publikum verklickern, bis es sitzt und sie es im Schlaf aus dem Effeff herunterbeten können: "One Plus One Is One". Together! Forever! Habt euch lieb! Aber dalli!
"It's about wider friendships, these songs are a message to see the brighter side", so der Musiker selbst. Seine positive Lebenseinstellung ist seinem neuen Werk deutlich anzumerken. Weg von der Opulenz des Vorgängeralbums, zurück zu den Wurzeln, zurück nach Hause, zurück zum Song, der Kernsubstanz. Eine Melodie plus ein Text ist ein Popsong. Weniger soll diesmal mehr sein. Die Rechnung geht weitgehend auf: Durch die reduzierte Instrumentierung blühen die Songs erst richtig auf, klar und unverhüllt machen sie auf ihre Schönheit aufmerksam. Glöckchen klingeln, Flöten pfeifen, Streicher streicheln - all dies vernebelt aber nie die Sicht auf die klassische Songstruktur, aufbauend auf Klavier und Akustikgitarre.
Zum Beispiel "Stockport", ein Instrumentalstück, lebt von einem einzigen Klavierthema, dessen unwiderstehlich leichte Melodie sich immer wieder im Kreis dreht und erst in der Schlankheit ihre Reize entfaltet. Dass er nicht nur ruhige, bedächtige Seelentröster ("Easy Love") komponieren kann, beweist er mit "Summertime In Wintertime", ein weezeresker Gutelaunespender, der in rockigere Gefilde vorprescht.
Manchmal ist Gutes aber auch bisschen zuviel des Guten. Die erste Singleauskopplung "Year Of The Rat" etwa, ist mit den Kinderchören und der Gutmensch-Lyrik wie geschaffen für eine Unicef-Benefizgala im Zweiten. Zum Glück fehlen die penetranten Ohrwürmer, sonst hätte man vor lauter einlullender Freundlichkeit das Gefühl, überzuckert zu werden.
Insgesamt gesehen strotzt die neue Platte des schlecht gezeichneten Jungen vor gut geschriebenen Songs. Ein Paket voller Wohlfühlmusik, bei der auch die kleine 5-jährige Nichte mitsummt.
Und jetzt noch mal zusammen im Chor: "One! Plus! One! Is! One!"
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