laut.de-Kritik
Kraftvoller Rocksound mit einem Schuss Punk.
Review von Simon LangemannEs ist ein Statement wie aus dem Indie-Rock-Lexikon, dennoch liegt der Frontmann damit gar nicht falsch: Als "melancholischer, erwachsener und größer" empfindet Daniel Schmidt das zweite Bakkushan-Album "Kopf Im Sturm". Intensität und Energie blieben beim Reifeprozess allerdings nicht auf der Strecke, das zeigt sich gleich in den ersten Sekunden. Die Mannheimer reißen den "Vorhang Auf", starten mit mächtigem Riff und toller Refrainmelodie ins neue Album.
Was es in ihrem Fall mit dem Erwachsensein auf sich hat, zeigt die Band jedoch gleich im Anschluss mit "Der Letzte Mensch Der Welt". Das gedrosselte Tempo und die dick aufgetragenen, durch Streicher ergänzten Gitarrenwände erinnern zuweilen an die epischen Stadionrock-Kunststücke der Kings Of Leon. Mit überzeugend melancholischen Lyrics und vor allem dank dem erhabenen Chorus treffen Bakkushan hier erneut voll ins Schwarze. Durchaus richtig liegt Drummer Jan mit der Einschätzung, es handle sich thematisch wie musikalisch um "einen Song, der so wie er jetzt ist, nicht auf dem ersten Album hätte landen können."
Ähnliches gilt für "Nur Die Nacht", Ohrwurmsingle und Höhepunkt des Albums. Dieses weckt anfangs zwar (angenehme) Erinnerungen an den Killers-Hit "Mr. Brightside", steht letzlich aber stellvertretend für den 'neuen' Bakkushan-Sound. Schade, dass die Mannheimer dieses Songwriting-Niveau in der Folge nur lyrisch aufrechterhalten, während es den Refrains häufig an der nötigen Eingängigkeit mangelt.
Bei "Das Ist Für Euch" haben die Beatsteaks mit "Milk & Honey" allzu deutliche Spuren hinterlassen. Das aggressivste Stück "Du Nerst Weil ... Fuck You!" erinnert mit aufgedrehtem Sprechgesang und simplem Riffing dagegen an Kraftklub, macht textlich und melodisch aber wenig her. Immerhin demonstrieren Bakkushan den gehypten Chemnitzern hier den rotzigen, ungeschliffenen Sound, den man auf deren Debütalbum so sehr vermisst.
Songwriting hin oder her, rein handwerklich machen die vier Popakademie-Absolventen auf ihrer zweiten Platte vieles richtig. Stets verzerrt, teils mehrfach übereinander gestapelt und dadurch ungewohnt heavy schießen die Riffs aus den Boxen, während Jan Siekmann am Schlagzeug für jedes Tempo den passenden Groove parat hält. Bakkushan vermischen klassische Indie-Muster mit einer soliden Portion kraftvollem Rocksound sowie einem Schuss Punk. Heraus kommt dabei ein einnehmendes Klangbild, das den Hörer zumindest bei lauter Beschallung sofort mitreißt.
Fürs entspannte Nebenher-Hören wirkt die Platte dagegen gänzlich ungeeignet, unter einer gewissen Volume-Grenze kommen die Songs kaum zur Geltung. In diesem Zusammenhang verwundert es, dass Bakkushan ihre Gitarrenamps quasi durchgehend auf Distortion schalten. Genug musikalisches Feingefühl für die ein oder andere Akustiknummer als Abwechslung zur rockigen Dauerbeschallung hätte das Quartett allemal. Und mit Daniel Schmidt obendrein einen charismatischen Sänger, der ruhig auch mal alleine im Mittelpunkt stehen könnte.
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