laut.de-Kritik
In Japan sind sie schon wahre Helden mit Actionfiguren.
Review von Michael EdeleIm Laufe der Musikgeschichte gibt es ja immer wieder Bands, die nicht nur ganz dreist bei ihren Vorbildern abkupfern, sondern sogar eins zu eins kopieren. Mir sind da noch Frown in Erinnerung, die von Type O Negative nicht nur den Sound und die Vorliebe für die Farbe grün, sondern auch das Coverartwork übernommen hatte, und wahrscheinlich auch die Nudellänge und Muskelmasse von Peter Steele gerne kopieren würden.
An die Muskelmasse von ihren Vorbildern The Misfits kommen Balzac nun wirklich auch nicht ran, und auch vom Schriftzug haben sie die Finger gelassen, ansonsten kamen beim Outfit und in der Musik nicht unbedingt viele eigene Ideen zum Einsatz. Doch musste man den slowakischen Type O Klonen auch schon ein anständiges Songwriting attestieren, so kann man bei den Japanern Balzac sogar schon beinahe behaupten, dass die Kopie das Original langsam, aber sicher übertrumpft. Zwar war Projekt 1950 'ne witzige Sache, aber mittlerweile ist die Luft aus den Shock-Rockern raus.
Damit ist die Zeit für Balzac also genau richtig, zumal die Jungs ja schon seit 1992 durch die japanische Szene rocken und mit ihren Vorbildern schon einige Gigs gerissen haben. "Out Of The Light Of The 13 Dark Night" ist sozusagen eine Best-Of und zeigt einen ganz stimmigen Überblick der bisherigen Bandkarriere. In Japan schon wahre Helden mit Actionfiguren, kennt sie hier noch kein Schwein, doch das kann sich mit vorliegendem Album durchaus ändern. Voraussetzung ist natürlich, man steht auf die Misfits oder ähnliche musikalische Angelegenheiten, und schon setzten sich Songs wie "Tomorrow" (versprüht sogar etwas Beach Boys Flair), das kurze und knackige "In Your Face" oder "The End Of Century" unauslöschbar in der Rübe fest. Auch die Video-Tracks auf der beiliegenden DVD sind ziemlich klasse Songs.
Balzac machen ihren Job also richtig gut, und wer auf eingängige Songs mit vielen "Aaaahhhs" und "Oooohhhs" steht, der kann mit dieser Doppel-CD eigentlich nicht viel falsch machen. Zwar versteh' ich von dem Gehuste von Sänger Hirosuke nicht allzu viel, aber das kann durchaus an der seltsam, amüsanten Betonung der Nippons liegen. Jedenfalls lässt die Aufmachung der CD nichts zu wünschen übrig, da man passend zum Video von "Beware Of Darkness" eine nette Anleitung zum Papiermasken basteln beigelegt hat, womit man dann herrlich Leute meucheln kann. Ob der seltsame Humor da nicht mit den deutschen Behörden kollidiert? Auch das DIN-A 4 Booklet, welches dem Album beiliegt, macht kräftig was her, wenn auch mein japanisch in den letzten 28 Jahren etwas eingerostet ist. Vermutlich handelt es sich dabei um die Fanclub-Zeitschrift, die es vierteljährlich gibt.
Ich wage mal, zu bezweifeln, dass Balzac in Europa ähnlich erfolgreich werden wie in ihrem Heimatland, aber ne coole Mucke verzapfen die vier Japaner allemal. Und wem der Misfits-Fronter zu schwülstig ins Micro nölt, der ist hier absolut richtig.
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