laut.de-Kritik
Beck zieht alle Register seines Könnens und präsentiert grandioses Songwriting
Review von Joachim Gauger"... a desolate wind
turns shit to gold and blow my soul crazy",
singt Beck zu schmachtend schöner Melodie, das Ganze klingt wie ein Hippieschlager zur Weihnachtszeit '69. Auf "We Live Again", eines von vielen langsamen Stücken des neuen Albums "Mutations", folgt mit dem Bossa Nova "Tropicalia" das flotteste: Davor und danach zieht Beck alle Register seines Könnens. Grandioses Songwriting demonstriert er auf den ersten 10 Tracks, mit so viel Gefühl für Melodie, für harmonische Spannungsverläufe und zwingende Rhythmen, daß sich die vorgeblich beste Band der Welt eine dicke Scheibe abschneiden könnte. Aber der Vergleich zeigt schon, wie weit sich Beck hier von seinen schroffen Klangbasteleien entfernt hat. Da wippt auch beim musikalisch weniger verwöhnten Besuch das Knie.
Gezupfte akustische Gitarre, Kontrabass und Mundharmonika, Background-Chöre anstelle von Samples und Vibrato statt Verzerrer haben "Mutations" den Ruf eines Country-Albums eingebracht. Tatsächlich ist es über weite Strecken ein Bekenntnis zur Tradition, eine Hommage an Bob Dylan und vielleicht auch Jim Morrison. Spätestens aber mit "Static" zieht der Blues alle Stimmung zu Boden. Strophe und Refrain dehnen sich ins Endlose und plötzlich verliert die klassische Songstruktur all ihren Glanz. Da wippt das Knie nicht mehr, da runzelt die Stirn.
Der Rest ist dann eher experimentell, mein Besuch wirkt leicht desolat im Angesicht des Krachs. Doch mir summen "Lazy Flies" im Hirn, die machen mich ganz verrückt nach den Ohrwürmern und den lakonisch schönen Versen dieses Ausnahmealbums.
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