laut.de-Kritik
Besoffen von kumpeliger Harmoniesucht.
Review von Matthias MantheZach Condon als Arrangeur beschaulicher Schunkeltrunkeleien? Frankreich, das Land der Sonntagnachmittagskaffee- kuchenkränze? Beirut als neues Synonym gar für den rekordverdächtigen Übergang von last year's folk star rising zum Pappsatt? Dreifaches "Nein, aber".
Nein, aber vielleicht hinterließen die tourgeschuldeten Erschöpfungszustände, die Condon Ende 2006 zu einem Krankenhausaufenthalt zwangen, tiefere Spuren als gedacht. The Wunderkind häutet sich zunächst nur oberflächlich. Wechselt thematisch Balkankäse gegen französischen Brie, operiert aber mit beinahe exakt gleichem Rüstzeug.
Wieder bauen Beirut ihr ethnomusikalisches Fundament aus Mariachi-Bläsern, Akkordeon und kleinformatigen Gitarren, nur eben nicht ganz so ausladend inszeniert. Unterdessen streicht jetzt ein anderer Superboy aus USA, Owen Pallett aka Final Fantasy, um Condons hier jodelnde, dort croonende Stimme herum. Soweit im Westen nichts ach so Neues.
Was im Songwriting-Prozess auf halber Strecke ein wenig verloren ging, ist das Gefühl für eindeutig herausragende Glücksmomente. Neulich noch unsagbar weit nördlich vom Folk-Äquator, geriert sich "The Flying Club Cup" zwar als des Vorgängers Brüderchen im Geiste, zugleich allerdings auch als aufgeräumter Tanzschulstreber.
Besoffen von kumpeliger Harmoniesucht tänzelt es sich ab "Cliquot" ohne größere qualitative Ausreißer nach oben oder unten durch standardisierte Walzerstunden. In gewissen Momenten beschwingt, manchmal jedoch fast flügellahm, wirkt Condons Komposition mitunter seltsam sediert. Zu "nett". Es fehlt mancherorts diese zuletzt so auszeichnende melancholisch-fernsüchtige Zugkraft. Am emotionalen Auf und Ab, an den exotischen Melodien.
Das Gesamtbild fällt pittoresker aus und gewinnt auch an Homogenität hinzu, verliert aber an Signifikanz. Vielleicht sollte sich der noch junge Meistermacher zukünftig wieder einmal die Zeit nehmen, fremde Länder ausgiebig persönlich zu erkunden, anstatt von verblassenden Erinnerungen zu zehren. Hat schließlich schon einmal funktioniert.
27 Kommentare mit 143 Antworten
klick (http://puddlegum.net/beirut-the-flying-clu…)
den vorgänger kenne ich leider immer noch nicht, bis auf die drei singles, die man sich runterladen konnte. wollte die platte immer kaufen, aber es kamen ständig andere veröffentlichungen dazwischen. auf die neue bin ich dennoch gespannt.
Die alte is jut
listen to my night with the prostitute from marseille (http://www.ew.com/ew/article/0,,20057685_2…)
ist wahrscheinlich schon ziemlich alt, aber hab es jetz ein paar mal auf fm4 gehört und find es echt fantastisch: beirut – nantes (fredo & thang gameplay edit).
unbedingt mal googlen zum reinhören...
Meiner Meinung nach das eingängigste und poppigste Album Beiruts. Sehe das aber nicht negativ sondern als großartige Abwechslung zu den anderen Alben!