laut.de-Kritik
Ein bisschen Frieden für unruhige Zeiten.
Review von Ingo ScheelDie Lösung der menschlichen Probleme, also: ein ziemlich umfassendes Brett, das Belle And Sebastian da anbohren. Erstens: Welche sind das denn eigentlich genau? Zweitens: Ist natürlich irgendwie augenzwinkernd gemeint. Drittens: Dann doch wieder nicht so ganz. Zwar klingen die Schotten seit ehedem zwar cosy, einnehmend und niedlich wie ein geblümtes Tischtuch. Ihre Songs aber hatten immer auch die Schicksale der Misfits, der Nerds, all jener zum Gegenstand, die nicht so ganz reinpassen. Am Trostfaktor dieser Songs hat sich bis heute wenig geändert.
Der Titel aber geht tatsächlich nicht auf B&S-Kopf Stuart Murdoch zurück, sondern auf einen buddhistischen Text mit dem Titel "How To Solve Our Human Problems: The Four Noble Truths" von Geshe Kelsang Gyatso. Dessen Credo lautet: "Offering Peace In Troubled Times".
Dieses Motto nutzen Belle And Sebastian als thematische Klammer. Frieden ist immer gut, aufwühlende Zeiten sind es auch, lassen wir uns also ein wenig im Rhythmus wiegen. Das behutsame Dance-Update "We Were Beautiful" kreiselt in der Strophe um eine wehmütige Steel-Pedal-Guitar, um sich im Refrain trotzig und selbstbewusst nach oben zu winden.
Im Anschluss folgt mit "Fickle Season" wieder einer dieser federleicht verhuschten Songs, zu dem sich prima der Picknickkorb packen lässt, gefolgt von "The Girl Doesn't Get It", das dann wieder so uplifting anmutet wie das Intro zu einer Kinderquiz-Sendung.
22 Jahre haben die Gründerväter und -frauen des Twee Pop mittlerweile auf der Uhr, und an der Formel ihres Songwritings hat sich nicht so viel geändert. Dennoch bleiben die Jahresringe unüberhörbar. Waren Klassiker wie "The Boy With The Arab Strap", das Dixieland-dicke "I Love My Car" oder das herrlich zynische "Dress Up In You" hochmelodiöser Pop-Nektar, glänzten sie doch immer auch mit der nervösen Energie eines aus dem Ruder gelaufenen Kirchentags, schlugen eine Brücke zwischen schüchternem Augenaufschlag und trotzigem Coming Out.
Auf Strecke wird es diesmal eher etwas kontemplativer und besinnlicher. Am ehesten findet sich der ursprüngliche Gencode noch in "Show Me The Sun". Dessen Intro klingt, als singe ein Cider-seliger Tross beim Pubquiz das Intro von "Self Esteem" nach. Sonst aber hat hier vieles einen überaus entspannten Ruhepuls.
"Too Many Tears" hätte sicher auch Karen Carpenter gefallen, und die Oboe in "I'll Be Your Pilot" ist wirklich herzallerliebst. Wem B&S immer schon etwas zu niedlich vorkamen, den zieht das hier nicht unbedingt hinüber auf die andere Seite. Für alle anderen bietet die Band eine verlässliche Schulter zum Anlehnen, ein bisschen Frieden in unruhigen Zeiten.
1 Kommentar
Haben sicherlich schon bessere scheiben veröffentlicht.
"We were beautiful" würde ich in einem "Best of" aber auf jeden fall verarbeiten. Spitzensong!