laut.de-Kritik
Zwischen funkigen Bottleneck-Klängen und Midtempo-Rock.
Review von Kai ButterweckBen Harper gehörte noch nie zu der Sparte Künstler, die sich musikalisch innerhalb eines Genres festbeißen und sich leicht kategorisieren lassen. Der gebürtige Kalifornier lebt und liebt den Crossover aus Blues, Funk, Jazz und Rock.
Natürlich könnte Ben Harper auf Nummer sicher gehen und sein unvergleichliches Talent komplett in den Dienst des Rock oder des Blues stellen. Das Fundament für eingängige Alben innerhalb jeder dieser Richtungen müsste er sich nicht erst mühsam zusammenlegen, denn das Basisgefühl für nahezu jegliche musikalische Handarbeit wurde dem zweifachen Grammy-Gewinner in die Wiege gelegt.
So verwundert es nicht, dass er sich auf seinem neuen Album "Give Till It's Gone" wieder vollends in einer Melange aus funkigen Bottleneck-Klängen und rockigen Midtempo-Sounds verliert. Punktuell ergänzt er sein Schaffen mit leichten 60s-Anleihen und virtuosen Instrumentaleinlagen. Treibende Rocknummern wie "Don't Give Up On Me Now" oder "Rock N'Roll Is Free" stünden auch einem Bruce Springsteen oder Neil Young gut zu Gesicht.
Doch kaum beschleicht einen das Gefühl, den Weg des Albums gefunden zu haben, driftet Ben Harper abrupt ab, wechselt den Kurs und bietet mit lauschigen Klängen wie "I Will Not Be Broken" oder "I Feel Love" ein intensives Kontrastprogramm. Die melancholische, fast schon weinerliche Stimmfarbe des 41-Jährigen sorgt zudem für die nötige Markanz und den Wiedererkennungswert.
So klingen viele Songs zwar, als hätte man sie irgendwo schon einmal gehört, doch die unvergleichliche Stimme des Songwriters erstickt jedes aufkommende "Kenn-ich-doch-von-irgendwoher"-Gefühl im Keim und sorgt für die nötige Glaubwürdigkeit und Originalität.
Ben Harper ist mittlerweile sicher niemand mehr, der Namedropping nötig hätte. Von daher sollte man das kurzweilige Gastspiel von Ex-Beatle Ringo Starr an den Drums beim Song "Spilling Faith" eher als Freundschaftsdienst zu den Akten legen. Gerade dieser Titel bildet, im etwas eintönigen und unspektakulären Gewand, den einzigen Tiefpunkt auf einem Album, das ansonsten durch Experimentierfreudigkeit, Virtuosität und begnadetes Songwriting überzeugt.
Im Vorfeld der Aufnahmen wünschte sich Ben Harper "ein widerborstiges Album, das ein Gefühl der Konfrontation zeigt". Das ist ihm gelungen.
1 Kommentar
oh shit, an diesem Album merk ich wieder, dass ich ziemlich alt geworden bin. Das Ding klingt sehr relaxed und hat 'nen schönen Kopfnickergroove. Gefällt mir sehr gut.