laut.de-Kritik
Hervorragende Popsongs eines großartigen Entertainers.
Review von Stefan HenzeHach, der Bernd ... Wie wäre es wohl, seine neue Platte jungfräulich zu hören? Ohne das Wissen um seine galante Art, um die Coolness seiner Bewegungen. Ohne ihn vor dem geistigen Auge zu sehen mit seinen Dieter-Thomas-Heck-Gesten, die immer ein Stück zu weit, zu laut, zu grell sind. Ich vermute, es würde nicht funktionieren.
Eine kleine schäbige Diskokugel muss an der Decke hängen, die winzige rote Punkte auf sein Jackett wirft. Ein schales Bier muss einem den Geschmack verdorben haben. Es muss einfach ein bisschen nach St. Pauli riechen, während er mit einem Vollplayback im Rücken "Liebe tat mir nie weh" ins Mikrofon haucht. Bernd schafft es, dort cool zu sein, wo andere gnadenlos scheitern würden. Auch auf dieser Platte wieder.
"Endlich" ist das mittlerweile sechste Album eines großartigen Entertainers. Diesmal aus dem Studio. Ein satter Klang ohne Angst vor Streichern, vor Glocken oder sonstigem Kitsch. Louis C. Oberländer gab als Produzent seine besondere Note bei "Meine vergiftete Stimme" oder "Selten". Die Nähe zu alten Jeremy Days Platten ist hier unverkennbar, sticht doch nur Bernds unnachahmliche Stimme hervor.
Trotzdem handelt es sich um eine Begemann-Scheibe durch und durch. Dafür sorgen allein "Hoffnungsvoll" oder "Du gehst so zärtlich". Die beiden Stücke stellen Home-Recording im Studio dar. Ein verzerrter Gesang über Glück, Unglück und die Hoffnung. Die Stimme so direkt und nah, dass man fast die Speichelfäden zwischen den Zähnen sehen kann. Viele Gitarren, Elektronik und Bernds typische Drumloops zeigen, dass man es mit 100% Begemann-Pop zu tun hat.
Auch wenn die Melancholie mitschwingt bei "Ich kann dich nicht kriegen, Katrin" oder "Claudia" sind diese Songs doch weniger mit Bitterkeit beladen, als das noch bei "Sag Hallo zur Hölle" (2000) der Fall war. Die Welt ist heller und freundlicher, vielleicht sogar etwas weichgespülter, aber ganz im positiven Sinn.
Ach ja, bei "Bist de den Richtigen triffst – nimm mich" singt Kim Frank von Echt mit. Das tut dem Song aber nicht weh. Vielleicht ergibt sich dadurch sogar mal ein Hit mit etwas mehr Erfolg. Eine Single ist es allemal.
Bernd Begemanns neues Album ist rund und in sich stimmig. Während er auf früheren Veröffentlichungen bis zu 20 Titel hatte, von denen im Grunde zehn Ausschuss waren, konzentriert sich "Endlich" auf elf gute bis sehr gute Pop-Songs. Es gibt keine schwachen Kalauer, die einem schnell über sind. Auch keine sperrigen Quasi-Hörspiele, die man doch immer weiter skippt. Die Platte ist hervorragend im Ganzen zu hören.
Noch keine Kommentare