laut.de-Kritik

Glamrock vom schwedischen Marilyn Manson.

Review von

Vor allem MySpace und diverse Internet-Foren machen's möglich: Schon bevor Big Boy ein Album am Start haben, macht das Kerlchen gehörig von sich reden. Kein angesagtes Festival der schwarzen Szene findet dieses Jahr statt, ohne dass der gebürtige Schwede mit deutschem Wohnsitz daran teilnehmen würde. Was ist also dran an der ganzen Euphorie und dem Hype um die Band?

So ganz lässt sich das auch nach mehrmaligen Abhorchen der Scheibe nicht feststellen. Vor allem beim Intro "La Legion" scheinen mit Big Boy ein wenig die Pferde durchgegangen zu sein. Kriegshörner wie aus dem vorletzten Jahrtausend, Fanfarenzüge wie aus der Zeit der römischen Legionen und Maschinengewehrfeuer passen irgendwie nur bedingt zusammen. Dazu brabbelt er irgendwas auf französisch über seine Kameraden ... das wirkt nicht so ganz schlüssig. Zumindest legt er mit dem folgenden Titeltrack eine gute, tanzbare Nummer hin, die textlich ganz schön großspurig auftritt, aber so was gehört wohl zum Geschäft.

Auch das folgende "Get Over It" hat seinen Charme, auch wenn (oder gerade weil) es irgendwo zwischen Marilyn Manson und Britpop liegt. Mit der Stimme von Brett Anderson könnte das fast ein Song von Suede sein. Dass es sich dabei tatsächlich aber um eine Coverversion von OK Go handelt, dürften allerdings die wenigsten wissen. Episch, festlich, fast weihnachtlich wird es kurz darauf mit "One Good Reason". Vielleicht ein wenig zu langsam zum Tanzen, aber ganz gut geeignet zum Mitsingen.

Das sieht bei "Let The Dead Bury Their Own Dead" ganz anders aus. Das von einer schönen Klaviermelodie getragene Stück ist eher ein Hörspiel als eine echte Ballade, und die Stimme von Big Boy polarisiert sehr. Dann doch lieber "Gestasi Baby", das mit ein paar fettere Riffs ankommt, die aber auch nicht wirklich sägen. Auch hier klingt ein wenig ein gezähmter Manson durch, doch die Klampfen sind zu glatt. "Catastrophe" ist eine ganz gute Rocknummer, aber mit diesen simplen Melodien wird daraus wohl kaum ein Klassiker für die Ewigkeit. Ordentlich, aber auch nicht mehr.

Mit "Fake It" liefern Big Boy anschließend einen Glamrocktrack par excellence hin. Wer sich hier an Twisted Sisters oder ähnliche Kollegen erinnert fühlt, liegt mit Sicherheit richtig. Beim Gitarrensolo schimmert vielleicht sogar eine Spur Queen durch, der mit einem Augenzwinkern versehen Text ist ebenfalls gelungen. In eine ähnliche, musikalische Kerbe schlägt "Sin-Sational", auch wenn es die Sache ein wenig ruhiger angeht und sogar mit leichtem Hammond Orgel-Einsatz arbeitet. Für "Just Like We (Choose To Be)" muss man noch mal den Marilyn Manson-Vergleich bemühen, obwohl der Song deutlich poppiger ist.

Das ruhige "Give Up" lässt abschließend auch nicht die große Stimmung aufkommen. Einmal mehr dürfte die Stimme die Meinungen spalten und entweder nerven oder verzaubern. "Hail The Big Boy" ist sicherlich ein ganz nettes Debüt. Aber in Sachen Glamrock steht das Debüt von Andrew W.K. nach wie einsam an der Spitze.

Trackliste

  1. 1. La Legion
  2. 2. Hail The Big Boy
  3. 3. Get Over It
  4. 4. One Good Reason
  5. 5. Let The Dead Bury Their Own Dead
  6. 6. Gestasi Baby
  7. 7. Catastrophe
  8. 8. Fake It
  9. 9. Sin-Sational
  10. 10. Just Like We (Choose To Be)
  11. 11. Give Up

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1 Kommentar

  • Vor 16 Jahren

    Die Kritik von einem alten Mann, denn wer kennt noch Twisted Sister? Ich bin selbst ein alter Mann, und ich muss sagen, ich finde diese CD ganz außergewöhnlich gut. Kann mich nicht erinnern, dass irgendeine andere deutsche Band derartig harte und trotzdem melodische Musik macht. Und wer die Band mal live gesehn hat, ist spätestens dann überzeugt.