laut.de-Kritik
Pop-Metal gegen Teen-Angst.
Review von Manuel BergerAuch wenn sie die Identifikationsfiguren für tausende, vielleicht Millionen von unsicheren Teenies sind – an Selbstbewusstsein mangelt es Black Veil Brides spätestens seit des Erfolgs mit "Knives And Pens" (vor fast acht Jahren!) nicht mehr. Das reiben sie einem auf "Vale" auch gern unter die Nase.
Angesichts des theatralisch, auf Latein formulierten Intros und Titels der Platte, der vielen Orchestereinschübe, um einen sinfonischen Anspruch zu unterstreichen, und der Stilisierung zur "hard rock's most exciting new band" (Label-O-Ton) wäre es leicht, Andy Biersack und seinen Sidekicks Größenwahn zu unterstellen. Nur: Es bliebe bei einer Unterstellung, denn musikalisch gibt es nur wenig zu meckern.
Im Grunde fahren Black Veil Brides dieselbe Schiene wie auf "Wretched And Divine: The Story Of The Wild Ones", nur ausgereifter. Es geht los mit kurzem Spoken Word ("Incipiens Ad Finem"), in der Mitte der Platte ("Dead Man Walking") folgt ein längeres Instrumental-Intermezzo.
Warum die Songs Streicher brauchen, erschließt sich gleichwohl nicht. Diese sind zwar flüssig in die Kompositionen ein- bzw. angebunden und stören nicht. Die Arenahymnen, die Black Veil Brides präsentieren, kämen aber auch wunderbar ohne aus. Speziell die Coda von "Dead Man Walking", die nach dem Schlussakkord des Songs beginnt, ist wohl allein deshalb vorhanden, damit Andy Biersack in seiner bald erscheinenden Biographie schreiben kann: "Wir holten uns ein Orchester ins Studio – mit Glockenspiel, Pauken, Geigen. Ihr Beitrag hebt 'Vale' wirklich auf ein ganz neues Level. Denn sie spielen ja nicht irgendwas – sie spiegeln das Hauptmotiv des Openers 'The Last One'". Heureka! Aber Egoboost hin oder her, verzichtbar oder nicht: Gut umgesetzt ist das allemal.
Trotzdem demonstriert besagter Opener die Stärken der Band eindrucksvoller. Andy Biersack zeigt sich stimmlich in seiner bisher besten Verfassung. Shouts lässt er diesmal bis auf Minigrunzer ohne Text komplett beiseite. Dafür klingen seine Cleans überaus stabil und voluminös, und er feuert Hook um Hook ab. Jinxx' Riffs verleihen den nötigen Punch und sorgen dafür, dass sich "The Last One" bereits beim ersten Durchlauf in den Gehörgängen festsetzt.
Wie schon bei "Black Veil Brides IV" ergeben sich im Sound offensichtliche Parallelen zu Trivium (Referenzpunkt "Silence In The Snow") – sowohl was die Vocals als auch den Modern Metal-Stil der Gitarren betrifft. Solange Black Veil Brides in diesen riffdominierten Gefilden wandern, ist alles gut. Schwierig wird es, wenn sie die Mainstream-Liebe in Richtung AFI und konturlose Akkordbegleitung schielen lässt. Die Songs sind dann nach wie vor gut strukturiert, auch spaßige Soli sind zu hören, aber "Wohoho"-Stadionchöre ("When They Call My Name") und "Wayayayayt"-Refrains ("Dead Man Walking") werden unvermeidbar, zudem nimmt der Dudelfaktor gehörig zu.
Aufs Ganze gesehen, überwiegen die starken Momente auf "Vale" dennoch. Songs wie "Throw The First Stone" dürfte auch Avenged Sevenfold-Fans abholen. Mit dem Titeltrack beweisen die Herren zum Abschluss außerdem ihre Variabilität mit einer epischen Powerballade. Black Veil Brides bleiben laut und düster genug, um Teen-Angst zu kurieren, tun aber auch der Mama nicht weh, die beim Konzert lieber in Garderobenähe wartet.
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