laut.de-Kritik

Früher wart ihr besser!

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Mit einem munteren "Hello hello" im Opener "Charlemagne" grüßen Blossoms mit ihrem ersten Album von der Topposition der englischen Albencharts. Die erste Single der Indie-Pop-Band erschien bereits im Januar 2014. Kurz darauf fanden sie im The Coral-Frontmann James Skelly einen berühmten Ziehvater, der sie bei seinem Label Skeleton unterbrachte. Nach Auftritten im Vorprogramm der Charlatans und Ian Browns öffentlichen Liebesbekundungen finden sie sich mittlerweile bei Virgin EMI Records wieder.

Dabei stellt das Debüt "Blossoms" viel mehr ein Best Of dar. Ganze acht Tracks wurden in den letzten zwei Jahren bereits als Single veröffentlicht und zeigen die Entwicklung von ihren psychedelisch angehauchten Wurzeln ("Blow", "Cut Me And I'll Bleed"), die verdeutlichen, warum sie Skelly einst unter Vertrag nahm, hin zum Pop ("Charlemagne", "Getaway") auf. Ein Glattbügeln der eigenen Ecken und Kanten im Zeitraffer.

Denn gerade die sich nun am Ende des Erstlings befindlichen alten Stücke zeigen Blossoms' Stärke auf. "Cut Me And I'll Bleed", das nicht nur wegen Tom Ogdens Stimme, die sich zwischen Alex Turner und Richard Ashcroft einpendelt, an die Arctic Monkeys erinnert. Der tiefe Bass und die berauschte Gitarre im wohl besten Stück "Blow". All dies verbindet sich bereits hier mit dem Talent zum Ohrwurm-Refrain. Im Schlusspunkt "Deep Grass" greifen sie noch einmal auf dieses Schema zurück und lassen den sich an pluckernden Synthesizern voranschleppenden Track mit einem schmutzigen Gitarrensolo enden.

Dem gegenüber stehen Pop-Schlager wie das überzuckerte "Honey Sweet", das an den Tatort zurückführt, an dem in den letzten Jahren bereits die Killers einige ihrer Songs meuchelten. Aufdringliche Keyboards führen in der ersten Hälfte des Longplayers direkt in die 1980er. Aber keineswegs in die gute Zeit mit New Order, The Smiths oder den Pet Shop Boys.

Sollte Dieter Bohlen eines Tages auf die Idee kommen, dass Indie-Pop der heißeste Scheiß auf Welt ist und selbst eine Band aus dem Genre produzieren wollen, würde das wohl ähnlich wie in "Charlemagne" klingen. Das stampfende "At Most A Kiss" ähnelt im Aufbau und Gitarrenspiel sehr deutlich dem zum Glück in Vergessenheit geratenen Modern Talking-Nachfolger Blue System. Gruselig.

Wegen der starken Veränderungen, die der Sound in den letzten Jahren durchlebte, ergibt sich auf "Blossoms" nie ein einheitliches Bild. Vielmehr stolpern die Briten an ihren Vorbildern und Idolen entlang. Mal gelungen, mal kraftlos, mal nahe am Fiasko bedienen sie sich fleißig bei ihnen und nähern sich währenddessen immer mehr dem Formatradio an. Nur selten war eine Band bereits auf ihrem ersten Longplayer früher besser.

Trackliste

  1. 1. Charlemagne
  2. 2. At Most A Kiss
  3. 3. Getaway
  4. 4. Honey Sweet
  5. 5. Onto Her Bed
  6. 6. Texia
  7. 7. Blown Rose
  8. 8. Smashed Pianos
  9. 9. Cut Me And I'll Bleed
  10. 10. My Favourite Room
  11. 11. Blow
  12. 12. Deep Grass

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