laut.de-Kritik
Kontinuität im Zeichen des blauen Make Ups.
Review von Alexander CordasVor 25 Jahren entstand in New York die Blue Man Group, die erst mit Guerilla-Performances auf sich aufmerksam machte, ehe sie den Big Apple und dann die ganze Welt mit abgefahrenen Klängen, Pantomime und Aktionskunst eroberte. Der musikalische Aspekt besitzt neben zahlreichen albernen und faszinierenden Nummern eine zentrale Bedeutung im Konzept der blauen Männer. Nach dem Grammy-dekorierten Debüt "Audio" und dem nach kommerziellen Meriten schielenden "The Complex" ließ sich die Gruppe fast 13 Jahre Zeit, um mal wieder mit einem Studio-Album um die Ecke zu kommen.
Der Audio-Kosmos der Blue Man Group kreist immer noch um den Fixpunkt der Percussions und hier vor allem um die PVC-Trommeln, die das Trio auf der Bühne so perfekt einsetzt. Der Sound hat sich als Trademark etabliert, wieso sollte das Trio auch darauf verzichten? Kontinuität im Zeichen des blauen Make Ups heißt deshalb die Devise. Ein weiterer Punkt ist die Loslösung der Figuren der Blaumänner von ihren Schöpfern. Matt Goldman, Phil Stanton und Chris Wink lauten die Namen der Ur-Blaumänner. Aufgrund der Einführung der Shows in mehreren Städten und Ländern etablierten die Macher die Marke als Quasi-Franchise rund um den Globus. Jeder, der die Ausbildung zu einem blauen Darsteller absolvierte, sollte in der Lage sein, überall einen Blue Man abzugeben.
Dieses Konzept führen Wink, Stanton und Goldman nun auch bei ihren Album-Produktionen fort, denn außer als Songschreiber und Teilzeit-Schlagzeuger tauchen die Urheber der Story nicht mehr auf, Matt Goldman fehlt sogar ganz. Er hat sich vor geraumer Zeit klammheimlich aus der aktiven Blue Man-Gestaltung verabschiedet. Ob man das merkt? Mitnichten.
Der Vorab-Track "Giacometti" war mitsamt des Videos nach der langen Pause überlegt gewählt. Didgeridoos entfachen eine mystische und pathetisch aufgeladene Atmosphäre, die zum Rätsel um die Blue Man hervorragend passt. Glockenschläge leiten zum Klimax hinüber, aber nach gerade einmal dreieinhalb Minuten hat es sich auch schon mit der klanglichen Magie. Das dürfte ruhig länger dauern. Die beste Nummer verstecken sie aber irgendwo in der Tracklist. Soll mal einer verstehen.
Das Intro "Dispatch 1" leitet zu Beginn in den ersten richtigen Song ein: "The Forge" kommt als Melodie-Wolf im Drum-Schafspelz daher. Schmetternde Schlagzeug-Patterns münden im Vergleich dazu in geradezu harmlos anmutende Klang-Klöppeleien. Das kommt gefällig daher, zieht dem perkussiven Element aber eher den Zahn. "Hex Suit" integriert dann zum ersten Mal knarzenede Elektro-Versatzstücke. BMG goes Dubstep? Wabernde Synth-Flächen erwecken zumindest zeitweise diesen Eindruck, es bleibt aber dennoch alles beim Alten. Die etwas jaulende Gitarre im Hintergrund kennt man aus der Vergangenheit bereits.
Man wünscht sich immer mal wieder, die Drummers Of Burundi würden sich blaues Make Up verpassen und den perkussiven Part übernehmen. Dann besäße "Three" den rhythmischen Wumms, den das Album eigentlich verdient gehabt hätte. So bleibt vieles in Standard-Strukturen verhaftet, wie das recht lahme "2 To 1" exemplarisch vor Ohren hält. Das melodieselige "Alive" dürfte sich außerdem in Zukunft als Untermalung in TV-Dokumentationen öfter wiederfinden.
"Robots" als Quasi-Interludium kommt einem erzählten Witz gleich, untermalt von atmosphärischen Versatzstücken. "Three" leidet auf die Dauer am Gleichklang der Sounds. Unerwartete Effekte - sieht man von netten Elektro-Spielereien einmal ab - sucht man leider vergebens. So plätschert der große Teil der Kompositionen gefällig, aber ohne Spuren zu hinterlassen am Ohr vorbei.
Wenn die Blaumänner mehr auf den mystischen und pathetischen Effekt gesetzt hätten, dann würde "Three" ganz sicher dem Spektakel gleichen, das sie auf die Bühnen dieser Welt bringen. So pendelt das blaue Kollektiv stilsicher zwischen Fisch und Fleisch hin und her, ohne den Hörer wirklich konsequent zu packen.
4 Kommentare mit einer Antwort
wenn wir früher blau gemacht haben, sah das aber anders aus...
Frag mich immernoch wie man heute Leute noch so leicht mit so einem Quatsch wie Perkussionsgruppen beeindrucken kann.
Die Blue Man Group ist so viel mehr als eine Perkussionsgruppe.
Mal ne dumme Frage; sind das immer die selben Vögel oder ist das ne Art Franchise?
Hallo Blue Man #2,
falls du das hier liest: Du wolltest dich immer mal bei mir gemeldet haben. Siebzehn Jahre sind seit dem Konzert vergangen. Du warst damals noch einer der Außerirdischen bei Eiffel 65.
Ich stand mit einem Strauß Orchideen in der ersten Reihe. Du nanntest mich in einer Ansage scherzhaft das Blumen-Groupie.
Du hast mich in den Backstagebereich eingeladen, wo wir uns mit Blue Curaçao abgeschossen haben... Was waren wir blau, Mann!
Nie werde ich deine Zärtlichkeit vergessen, als du mir in der Toilettenkabine sanft den Blaumann abstreiftest, ich mich langsam auf die Knie begab und dann dein blaues Wunder erlebte. Ich bebte am ganzen Leib, als deine Blue Man Soup mein Gesicht benetzte...
Ich verbleibe in ewiger Erwartung,
dein Truman.