laut.de-Kritik
Ice-Ts Blutdruck steigt, die Musik stagniert.
Review von Stefan MertlikAuch auf ihrem siebten Studioalbum "Carnivore" treten Body Count die Vordertür ein: "I'm done with the bullshit / I ain't fucking around anymore / And if you don't show up / I'm knocking on your front door." Feingeister verarbeiten ihre Wut vermutlich über andere Wege. Doch die Themen, die Ice-T erzürnen, sind zu ernst, um sie in clevere Gesellschaftskritik zu verpacken.
"Carnivore" heißt übersetzt Fleischfresser. Der Titelsong steht in der Tradition martialischer Metal-Texte. Doch in der Welt von Body Count fußen sie nicht auf Fantasy-Geschichten, sondern der Realität. Polizeigewalt, Black-on-Black-Crime, Krieg – die Menschen fressen sich gegenseitig auf. Grausamer als das echte Leben kann es nicht mehr werden.
Musikalisch haben Body Count die Erfolgsformel ihres modernen Meisterwerks "Bloodlust" nur in Nuancen verändert. Der Sound wirkt härter, Spielereien wurden zurückgeschraubt. Ausgedehnte Gitarrensolos wie in "Point The Finger" bleiben die Ausnahme. Stattdessen steht Ice-Ts gebrüllter Rap im Vordergrund. Selbst wer die Texte nicht versteht, spürt den Zorn.
"Keep us fighting amongst ourselves / While you accumulate all the wealth / White on black, black on white / Muslim hatred, it's all hype", versucht Ice-T die geistigen Brandstifter zu entlarven. Wen er damit konkret meint, verrät er ein paar Zeilen weiter: "Spread the terror, fear of war/ Billions spent on a fucking wall."
Während der Albumaufnahmen erfuhren Body Count vom Mord an Nipsey Hussle. Die Gruppe inspirierte der tragische Vorfall zum dramatischen "When I'm Gone". Begleitet von Sängerin Amy Lee ruft Ice-T zur Nächstenliebe auf. Gesang erscheint im Body-Count-Kontext überraschend. Zugänglichkeit ist jedoch auf der kompletten Platte zu spüren. Die Kehrverse sind simpel gestrickt und gehen ins Ohr. Hatebreeds Jamey Jasta steuert auf "Another Level" den vielleicht gefälligsten Refrain bei.
Zur Tradition gehört es, dass die Band pro Album ein Metal-Cover aufnimmt. Für "Bloodlust" bedienten sich die Kalifornier an "Raining In Blood" von Slayer. Auf "Carnivore" haben sie Motörheads "Ace Of Spades" eingespielt. Zudem kramte Ice-T in der eigenen Diskografie und pimpte "Colors" mit Schlagzeug und E-Gitarren auf.
"Carnivore" knallt genauso gut wie "Bloodlust". Der Überraschungseffekt bleibt allerdings aus. Zudem mangelt es der Platte an Fleisch. Fans erhalten nur 28 Minuten frische Musik. Die 13 Stücke enthalten drei Cover sowie zwei Live-Aufnahmen. Ihr "Master Of Puppets" – wie es Bassist Vincent Price im Interview mit laut.de behauptet hat – haben Body Count mit "Carnivore" nicht geschrieben.
5 Kommentare mit 2 Antworten
Wahnsinn was der alte Mann noch für ne Power hat! Ich hab die Jungs bei der Tour zum ersten Album mal live gesehen und bin jetzt nicht wirklich Fan der Mucke; finde aber Ice T als Persönlichkeit unglaublich faszinierend.
Das Album hier ist sicher kein Meilenstein, hat aber gut Bums und macht Spaß zu hören.
Seh ich ganz genauso. Macht einfach Spaß und hat viel Energie. Auch die Produktion klingt sehr organisch.
Und dass sie sich nicht neu erfinden, war eh klar. Ich möchte von Iron Maiden ja auch kein Post Rock Album hören.
Äonenlang nicht mehr gehört und jetzt ziemlich überrascht, dass mir das doch ganz gut gefällt. Im Allgemeinen vielleicht 'n bisschen stumpf aber das wird durch'n paar ziemlich schlau arrangierte Stücke absolut ausgeglichen.
Kein Überflieger aber grundloside
Geht schon besser ab als Helene Fischer...
Stimmt. Das geht eher so in Richtung Heinz Rudolf Kunze
Grade gekauft und reingehört: Gefällt mir noch ein Stück besser als der Vorgänger. Härter, kompakter aber auch mit Durchhängern. Leider hält Ice T es immer noch für notwendig, Vorträge vor einigen Tracks zu halten, die ich dann rausschneiden muss. Ärgerlich, aber zu bewerkstelligen.
Ace of Spades hätten sie sich schenken können, aber insgesamt ein solides Album. 3/5 mit gutem Gewissen.