laut.de-Kritik
Auf eine Runde Ghetto-Mau-Mau.
Review von Lukas RauerNachdem Bozza im vergangenen Jahr zwei Releases am Start hatte, zeigte er sich 2018 bisher recht sparsam, was seinen musikalischen Output anbelangt. Auf den Alben von Haze und Amar konnte man ihn zwar hören, aber sein eigenes Jahr eröffnet "Thriller", ein 14 Songs starkes Album.
Wenn ihr "Haramburg" oder die "Juicy"-EP gehört haben solltet, rechnet ihr wohl erneut mit einem Projekt mit düsterem Grundtenor, auf dem sich Bozza inhaltlich viele Themen von der Seele schreibt, ohne sich dabei an aktuellen Soundentwicklungen zu orientieren. Mit "Thriller" ändert sich dies allerdings nun. Der aus dem Umfeld der 187 Strassenbande bekannte Rapper hat soundtechnisch einen Schritt unternommen.
Lines wie "Das ist mehr als nur ein Trapfilm" ("Trapfilm") geben bereits zu verstehen, dass aktuelle Trends diese Veränderungen beeinflusst haben. Schlecht ist das aber nicht, Bozza transportiert diesen Film nämlich sehr authentisch. Darüber hinaus verpackt er ihn auch noch atmosphärisch gut.
Auf Begeisterung wird das natürlich trotzdem nicht bei jedem stoßen, vor allem bei denen nicht, die bereits übersättigt von dieser Ästhetik sind. Wobei man Bozzas Sound nicht unbedingt kategorisieren sollte. Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern versucht er sich nämlich nicht an sommerlichen Vibes, sondern bleibt seiner düsteren, harten und ehrlich wirkenden Linie treu.
Hinzu kommt in meinen Augen, dass Bozza es gar nicht nötig gehabt hätte, sich klanglich zu verändern, klang seine Stimme doch auch auf weniger trappigen Beats und ohne satte Voice-Effekte gut. Unter der Prämisse der künstlerischen Weiterentwicklung muss man dem Album aber eine faire Chance geben, verdient hat es das allemal.
Im Vergleich zu Bozzas vorherigen Projekten fällt direkt auf, dass sich dieses Mal mehr Featuregäste die Ehre geben. Neben dem Protagonisten bekommt ihr Bandit, Gzuz, Joshi Mizu, Sa4 und Yonii zu hören. Namen, die euch (mit Ausnahme von Bandit, vermutlich) bekannt sein dürften.
Mit "Yayo", der ersten Single des Albums, erreichte Bozza gleich mal eine ganze Menge Leute. Der Track zählt - Stand heute - über vier Millionen Klicks. Begünstigt hat diese Zahlen sicherlich auch der Part von Gzuz, der hier an der Seite von Bozza rappt und sich lyrisch wie klanglich gut eingliedert.
Der eine wird die Hook des Songs spätestens nach dem zweiten Mal Hören extrem ermüdend finden, wird doch nur das Wort "Yayo" wiederholt. Jemand anders dürfte diesen Vibe aber fühlen und richtig abfeiern können. Ich zähle mich zu letzteren. Bozza und Gzuz harmonieren einfach gut. Gleiches gilt übrigens auch für die restlichen 187er, mit denen Bozza gearbeitet hat (sowohl jetzt als auch in der Vergangenheit).
Inhaltlich dürft ihr jedoch nicht erwarten, dass Bozza das Rad neu erfindet. Straßenrap bleibt nun mal Straßenrap, egal, wie ihr es auch drehen und wenden wollt. Nichtsdestotrotz überrascht Bozza auf manchen Songs. "Crackbaby" geht beispielsweise wirklich unter die Haut. "Heute gibt es wieder nichts zu essen, denn Mama kocht sich lieber einen Löffel."
Bozza berichtet hier von einer Mutter, die nicht nur drogensüchtig ist, sondern aufgrund dessen auch noch ihre elterlichen Pflichten vernachlässigt, weshalb das Kind ebenfalls in falsche Kreise abrutscht. Trotz des stets präsenten Autotunes ist der Song zu etwas Besonderem geworden und zeigt, wie man den Effekt einsetzen muss, wenn man ernste Themen behandeln möchte. Auch "Frag Nicht Wo Ich War" zusammen mit Yonii und Joshi Mizu überzeugt.
Bei all den Songs, bei denen Raphörer, die über sich selbst sagen, sie konsumieren ausschließlich anspruchsvolle Sachen, nur mit dem Kopf schütteln, kann man Bozza sein Talent für eingängige Nummern definitiv nicht absprechen. "Sitz' mit den Brüdern vorm Ink, wir spielen Ghetto-MauMau", heißt es auf "Ghetto MauMau", einer der stärksten Nummern des Albums. Der Track hat mich sofort abgeholt und lief bei mir wahrlich am häufigsten. Das Zusammenspiel von Beat, Hook und Bozzas Stimme wirkt stimmig und macht Lust auf mehr von dieser Sorte.
Den Sound, den Bozza abliefern möchte, liefert er auch ab. Ob das aber letztlich reicht, um langfristig im Gedächtnis zu bleiben? Wenn ihr in den letzten Jahren auch nur ansatzweise die 187 Straßenbande verfolgt oder eure Augen auf die Hamburger Rapszene geworfen habt, sollte Bozza euch ohnehin ein Begriff sein. Für alle anderen stellt "Thriller" einen idealen Einstieg in seine Diskographie dar, handelt es sich doch um sein bis dato bestes Release.
Bozza entwickelt mit "Thriller" unterm Strich seine bisherigen Projekte konsequent weiter. Das kurzweilige, atmosphärische und solide Album bietet facettenreichen, stets düsteren Sound, auf den jeder einen Blick wagen sollte, der auch nur einen Funken für Straßenrap übrig hat. Wer hingegen Wert auf tiefgründige Texte legt, tut gut daran, sich erst einmal durch die Singles zu hören und dann zu entscheiden, ob er sich den Sound auf Albumlänge geben möchte.
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