laut.de-Kritik
Der Desertrock-Pionier zieht die sexy Groove-Karte im Alleingang.
Review von Dominik KautzNach dem sehr detailreich ausgearbeiteten "Mankind Woman" (2018) und dem 2019 veröffentlichten "Jacoozzi", einer Ansammlung liegengebliebener Studio-Jams aus dem Jahr 2010, steht Brant Bjork der Sinn wieder nach einem geradlinigen Rockalbum ohne Schnörkel. "Ich mag diese spontane Methode, bei der du die Dinge direkt aus der Hüfte schießt" gab der Desert Rock-Pionier und Kyuss-Mitbegründer im Interview zu Protokoll. Dass er sein mittlerweile dreizehntes Soloalbum in 21 Jahren schlicht nach ihm selbst benennt, ergibt dabei durchaus Sinn. Auf "Brant Bjork" besinnt sich der Meister auf die Essenz seines Schaffens und spielt obendrein in bester DIY-Manier alle Instrumente selbst ein. Seine Schüsse platziert er dabei wohlgezielt.
"Wanna change your pace / you got to slow down" heißt es im vorab veröffentlichten Opener "Jungle In The Sound". Besser hätte Bjork das auf der Platte vorherrschende Kolorit nicht beschreiben können. Mit einem urtypisch minimalistischen, sofort identifizierbaren Eröffnungsriff verbreitet der legere Stirnbandträger von der ersten Sekunde an angenehm entspannte Vibes. Der stark reduzierte Drumbeat inklusive sanfter Percussion-Unterstützung, ein asketisch stimmungsvolles Fuzz-Solo mit deutlicher Blues-Note und sein hypnotischer Gesang zwingen förmlich dazu, von der ersten Sekunde an im ultralässigen Downtempo mitzugrooven.
"In einer Welt voller Unsicherheiten suchen Künstler nach authentischem Selbstbewusstsein. Sobald du dein künstlerisches Selbstbewusstsein entdeckt hast, gibst du dich deiner wahren kreativen Natur hin. Diese neue Platte ist meine wahre kreative Natur und der Opener "Jungle In The Sound" ist ein perfektes Beispiel dieser Hingabe." Well said! Zum Glück bleibt es nicht bei diesem einen Beispiel.
Die indica-lastige, repetitive Liebeserklärung an den Hanf "Mary (You're Such A Lady)" besticht ebenfalls mit einem unwiderstehlich sexy wirkenden, stark mesmerisierenden Groove. Die leicht geflüsterten, echounterlegten Worte "I'm here to serve, you got me on my knees" nimmt man dem Kalifornier bei dem flirrend hohen Grad an bekifftem Hängematten-Feeling postwendend ab. Jene attraktive Zwanglosigkeit des einfachen aber effektiven Songwritings zieht sich dabei über weite Strecken wie ein roter Faden durch das Album. Wenig verwunderlich, dass auch das leicht melancholische und äußerst eingängig treibende "Jesus Was A Bluesman" mit seinem clever gestrickten Text um Liebe und Freiheit ordentlich kickt. Ein Ohrwurm zum Aufdrehen der Anlage, bei dem man am liebsten mit einem Jeep durch den glühenden Wüstenstaub in Richtung Sonnenuntergang düsen will.
Erdiger und deutlich kerniger geht es im augenzwinkernden "Cleaning Out The Ashtray" zu, dem mit sechseinhalb Minuten längsten und jamartigsten Track der Platte. Brant Bjork-Connoisseure wissen vermutlich bereits beim Lesen des Titels längst, worum es hier geht. Und tatsächlich: "Es ist genau die richtige Zeit, um high zu werden [...]. Also säubere den Aschenbecher und roll' dir 'nen Joint", so die ganz persönliche Höranweisung des bekennenden Freundes psychoaktiver Kräuter. Klar, das mag ein durchgekautes und wenig anspruchsvolles Sujet für einen Songtext sein. Spaß macht dieser dank seiner Ironie dennoch allemal. In diesem Sinne: "Excuse me while I light my spliff".
Mit dem etwas träge stampfenden "Duke Of Dynamite" huldigt Bjork seiner Liebe für frühen 1970er-Glam und Hard Rock. Die Stärke der vorangegangenen Tracks kann er dabei leider nicht halten. Dazu pflegt er hier besonders in den nur aus einem einzigen Powerchord und einem zutiefst simplem Beat bestehenden Strophen ein bisschen zuviel Minimalismus. Dank hymnischen Gesangs und einem trippig-spacigen, effektgeladenen Solo in der Songmitte vermeidet er einen allzu schalen Beigeschmack gerade noch so.
Signifikant besser kommt das kurze, knackige und für Bjorksche Verhältnisse im Uptempo angesiedelte "Shitkickin' Now" daher. "Left the scene but it followed me / so I kept it clean but it followed me" singt er sich hier ganz autobiographisch den Frust über die längst verlassene Stoner-Szene von der Seele. Für "Stardust & Diamond Eyes" greift er noch ein letztes Mal in die Trickkiste und fasst alle Merkmale des Albums und seines klassischen Sounds zusammen. Besonders ohrenschmeichelnd dabei: Das ausgedehnte, gefühlvoll-bluesige Outro mit Bjorks erhaben weichen Fuzzleads. Mit dem rein akustischen Rausschmeißer "Been So Long" fügt er der Platte zum Finale noch eine erfreulich frische Note hinzu.
Generell regieren auf "Brant Bjork" eher die leiseren Töne. Etwas Blues, ein Schuss Boogie, ein paar funky Elemente, umgarnende Melodien und eine Extraportion Rhythmik. Mehr braucht die kalifornische Groovemaschine für ihren wirkungsvollen Desert Rock nicht. Daraus zimmert Bjork einen lebendigen und sehr relaxten Unterbau, der ganz ohne erdrückende Wall of Sound auskommt.
Dank des starken Masterings von John McBain (ex-Monster Magnet) tönt die Platte dennoch ausgesprochen druckvoll mittig aus den Boxen. Auch wenn sich Brant Bjork während seiner Reise ins Ich gefunden haben mag, wirkliche Überraschungen liefert er mit seinem beseelten Minimalismus nicht. Doch das erwartet auch niemand von ihm. Weniger ist manchmal eben doch mehr.
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