laut.de-Kritik
Mit Drei-Tage-Bart gegen das Boygroup-Image.
Review von Christine BarthMit lässigen Jeans, ausgebeultem T-Shirt und Drei-Tage-Bart kämpft der Ex-Westlife-Boy gegen sein altes Image an. Im Mai dieses Jahres wurde es ihm zu eng im Boyband-Mikrokosmos, und er verließ die übrigen vier Iren. Aus einem Bryan wird ein schlichtes Brian, das Cover macht ganz in weiß auf stylish. Mit Songwriter Guy Chambers, der lange für Robbie Williams produzierte, möchte er in die Fußstapfen des ehemaligen Take That-Rebellen treten.
Chambers hatte bei rund der Hälfte der Songs seine Finger im Spiel. Der Sänger pocht in Interviews auf Eigenständigkeit: "Jeder einzelne Song basiert auf einer wahren Geschichte". Jedoch knüpft Brian mit seiner ersten Single-Auskopplung "Real To Me" genau dort an, wo er mit Westlife aufgehört hat. Balladiert er doch wie eh und je über die Ungereimtheiten der Welt.
Seine charismatische Stimme geht in der Eingängigkeit der Songs leider völlig unter. Nette bis belanglose Reime unterstützen diesen Effekt: "Airplane / Same / Windowpane ...". So entsteht ein Midtempo-Track mit viel Gefühl und Rührseligkeit, aber ohne Charakter und Eigenständigkeit. Dabei könnte der attraktive Ire sein eindringlich kratziges Organ vielseitiger einsetzen, etwa in rockigeren Stücken. Stimmlich steht Fadden Robbie nämlich in nichts nach. Einen kleinen Eindruck davon vermittelt "Walking Disaster", das schneller als gewohnt daher kommt.
Doch leider reiht sich im Verlauf der Platte ein Schmachtfetzen an den anderen. Manchmal mit Klavier-, öfters mit Gitarrenunterstützung ("Ich fand Gitarrenmusik schon immer cool, von Bryan Adams bis Nirvana") und vor allem vielen Synthie-Klängen. Die Liebe zum Saiteninstrument zeigt typisch das rein akustische "Sorry Love Daddy". Mit einer unglaublichen Inbrunst in seiner Stimme vermittelt Brian den Track glaubhaft an die Hörerschaft. Standard-Pop-Stücke stehen ihm allerdings lange nicht so gut zu Gesicht. "Pull Myself Away" singt der Ex-Westlifer lieblos herunter, und auch das Duett "Almost Here" mit Delta Goodrem gibt nicht mehr her als eine poppige 0/8/15-Ballade.
Für ein wirklich gelungenes Debüt hat's also auch mit der Hilfe von Guy Chambers nicht gereicht. Oder vielleicht gerade deswegen? Auf Solo-Pfaden könnte der 24-Jährige jetzt endlich ehrliche Musik machen, die zu ihm passt. Ohne Image-Wechsel und Medienabhängigkeit. Schade, dass er sich dieses Mal noch so tief vor dem Mainstream verbeugt.
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