laut.de-Kritik
New Orleans liegt an der Elbe: Frischzellenkur für den Blues.
Review von Artur SchulzNew Orleans liegt an der Elbe! Dem im Hamburg lebenden Produzenten und Band-Mastermind Krisz Kreuzer gelingt im Verbund mit internationalen Mitstreitern etwas, das hierzulande selten ist: ein rundum stimmiges, absolut überzeugendes Blues-Album.
Das zieht seine Besonderheit daraus, nicht in sattsam bekannten Stereotypen zu verweilen, sondern dem alten schwarzen Uncle eine Menge Frischzellen zu verpassen. Dass dieses Unterfangen nicht zu einem belanglosen Mischmasch verkommt: der zweite höchst geglückte Handstreich Kreuzers.
"Grinnin' In Ya Face" bedeutet einen auf Anhieb vereinnehmenden Hinhörer mit Mundharmonika, Raps, Samples und satten Beats. "Nobody But You" bezieht sein stimmiges Songbild aus dem Verbund von Breaks und funky Sounds.
Gospelig grüßt es dann mit "By Myself" aus der Soul-Kirche. Als Gäste erfreuen den Besucher erneut Raps im Verbund mit wohlplatzierten Handclaps. "If I" traut sich gar in die Pop-Ecke, gelungener Ohrwurm-Refrain inklusive. Aber auch hier hat der Blues stets alles unter Kontrolle.
Das Band-Anliegen funktioniert, überzeugt und begeistert also gleich mit den Start-Tracks. Die Künstler werden ihrem Anspruch, kein ausschließlich Roots-orientiertes Album einzuspielen, gerecht. Angesichts der Menge an hörenswerten, zeitgemäßen Beats und Sounds fungiert - wie von Kreuzer beabsichtigt - der Blues als Scharnier, als Halterung und Angelpunkt der einzelnen Stil-Elemente. Dass Abwechslung und Kurzweil deshalb obenan stehen: ein weiterer erfreulicher Aspekt der Scheibe. Die Internationalität und somit große Erfahrungs-Bandbreite der Mitwirkenden trägt ihr Übriges dazu bei.
Weiter geht es, der "Left Hand Blues" lädt den Bass in den Bauch und lässt ihn dort vibrieren, unterstützt von der Harmonika. "Hobo Travellin'", sicher nicht ohne Absicht recht mittig in der Tracklist platziert, birgt eine der mitreißendsten Brixtonboogie-Symbiosen. Rund, harmonisch, und innerhalb seines Song-Kosmos' mit sauber austarierten Style-Wechseln und Neuausrichtungen. Ein großer Wurf, der einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Das Arrangement erfüllt sämtliche Wünsche: kräftige Drums, kristallklare Blues-Licks und ein Gruß des guten alten Philly-Sounds der siebziger Jahre ist neben Funk ebenfalls mit eingebunden.
Ohne Ausfall ziehen die Songs vorüber: "Fisherman's Chant" stellt am entschiedensten Gospel in den Vordergrund, während auf "Policy Of Truth" das rüde Swamp Thing am Flussufer lauert. "The Way You Treat Love" verbindet weißen Rap mit trocken eingespielten Blues-Passagen. Und "Hey Hey" taugt mit seiner optimistischen Haltung bestens zum abendlichen Tanz. Brixtonboogie: Musik für Leib und Seele, mit Anspruch, doch ohne verkrampfte Kopfhaltung. Hooks, Samples, Instrumente und allerlei Fragmente aus der Musik-Historie tauchen auf, tanzen für einen Moment miteinander, um sich dann einem neuen Flirt zuzuwenden.
Ja, sauberes Geschmacks-Handwerk ist und bleibt einfach unwiderstehlich. Dieses Musiker-Kollektiv beweist, wie vermeintlich altbackenes Gestern, mit meisterlicher Handwerkskunst ausgeführt, plötzlich neu und frisch erstrahlt. Gerade die Gegensätze unterschiedlicher Stil-Grundlagen sorgen für das Gelingen dieses Projekts.
Trotz ausgefeilter Studio-Technik hat Sterilität hier keinen Platz. Statt Blender-Hochglanz erfreut wohlgepflegte Patina. So lädt der "Urban Blues" in den Spätsommer ein und wird auch den Winter überstehen. Denn der Blues erlebt schließlich immer wieder einen neuen Frühling.
3 Kommentare
grins, ----
yepp gefällt mir.
klingt alles cool und frisch und muss sich nicht verstecken.
4/5
Und live sind die Klasse! Freu' mich schon auf Donnerstagabend beim Reeperbahn-Festival, da spielen sie im Grünspan.
Und wieder die satte Ladung!
Ist wirklich ein tolles Album geworden.
4/5
Ansonsten schliesse ich mich dem review an
http://soulgurusounds.blogspot.com/2009/10…