laut.de-Kritik
17 Jahre Oi-Punk in sechs Stunden.
Review von Michael EdeleSiebzehn Jahre haben die Broilers auf dem Buckel. Und wer dann noch landesweit auf eine dermaßen treue Fanschar zurückgreifen kann, ist fast gezwungen, endlich eine Live-DVD zu veröffentlichen.
"The Anti Archives" bietet neben insgesamt sechs Stunden Live- und Behind The Scenes-Unterhaltung ein sehr schön aufgemachtes Booklet mit 44-seitiger Bandhistory sowie eine 3-D Brille für spezielle Extra-Inhalte. Damit beweisen die Düsseldorfer einmal mehr, dass sie verdammt nah am Fan sind und sich für ihre Veröffentlichungen stets etwas Besonderes einfallen lassen. Kein Wunder auch, dass die Aufnahmen zum größten Teil aus Düsseldorf stammen, während der Rest in ihrer zweiten "Heimat" Leipzig aufgezeichnet wurde.
Die Broilers sind nach wie vor eine Undergroundband und fester Bestandteil der Szene, aber so ganz unauffällig ist das Broilers-Logo mit den beinahe mannsgroßen Lettern in der Halle auch nicht geraten. Wirft man aber einen Blick in den rappelvollen und bestens aufgelegten Laden, geht das in Ordnung. Von der ersten Minuten an ist die Stimmung bereits auf dem Siedepunkt, und Fronter Sammy - der Mike Ness auch schon auf der Bühne hat stehen sehen - grinst von einem Ohrläppchen zum anderen.
Auf der Bühne ist ebenfalls stets was los - mal macht man vor dem Drumset den Ententanz, mal sind Posaune und Trompete zur Unterstützung dabei, mal die Mandoline und bei "Gegen All Den Schmutz" tanzt auch mal ein Brathähnchen über die Bühne. Das Tolle dabei: Es handelt sich tatsächlich nicht um nachträglich bearbeitetes Material. Die schiefen Soli von Sammy sind so genauso auf Band, wie er sie wohl spielte. Selbst als der Gitarrensender gegen Ende abkackt, bleibt das so drin.
Klare Statements gegen Rechtsradikalismus finden sich in der Show genauso wie die bereits erwähnte Fannähe, wenn Sammy in "(Ich Bin) Bei Dir" einen Fan fragt, wem er den Song widmen möchte. Ich persönlich hätte ihn vielleicht der Dame gewidmet, die bäuchlings crowdsurft ...
Auf der zweiten Scheibe findet sich zunächst eine sehr ausführliche Banddoku von den Anfängen bis heute. Ob man das auf weit jenseits der zwei Stunden-Marke ausweiten muss, bleibt dabei fraglich. Die Bandmitglieder, zahlreiche Wegbegleiter aus der Szene und andere Bands wie The Generators oder Volxstrum kommen zu Wort und zeichnen ein äußerst sympathisches, wenn auch chaotisches Bild der Düsseldorfer. Dieses wird durch zahlreiche Aufnahmen aus vergangenen Tagen mehr als nur bestätigt.
Die waren ja schon immer alle ganz süß und klein und hatten früher nix anderes im Kopf als Saufen und Oi-Punk/Skinheads. Im kurzen GIGA-Gastspiel wird auch deutlich, dass Skinhead nicht gleich rechtsradikal bedeutet, sondern von Schwachköpfen einfach aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Davon haben sich die Broilers aber nie beeindrucken lassen und immer ihr Ding durchgezogen. Großen Respekt dafür!
Dazu kommen noch Sektionen mit "Liveclips", Interviews", "Videos" und dergleichen. Damit gesellt sich "The Anti-Archives" nahtlos in die Reihe der absolut wertigen Veröffentlichungen aus dem Hause Broilers. Ein Package für die Galerie.
1 Kommentar
Hmm..was fehlte denn noch für die 5 Punkte?
Die wären meiner Meinung nach wirklich berechtigt gewesen! Klasse Veröffentlichung!
Ich war in Düsseldorf auf dem Konzert und konnte es garnicht abwarten, die Aufnahmen zu sehen - die Stimmung ist wirklich gut eingefangen worden