laut.de-Kritik
Mr. Air-Raid liefert nicht die erwartete Göttergabe ab.
Review von Michael EdeleBruce Dickinson hat es tatsächlich geschafft, neben all den unzähligen Aktivitäten als Flugkapitän bei Lufthansa, Sänger bei Iron Maiden, Fechter, Autor, Reporter und was weiß ich noch alles, ein weiteres Solo-Album aufzunehmen. Wie nicht anders zu erwarten, stand ihm dabei sein alter Soulmate Roy Z zur Seite.
Nachdem zwischen "Chemical Wedding" und "Tyranny Of Souls" volle sieben Jahre liegen, erwartet man als Fan natürlich einen deftigen Nachschlag, denn Maidens "Dance Of Death" war auch nicht die Offenbarung, sondern viel zu langatmig und unausgegoren. Doch leider Gottes liefert Mr. Air-Raid mit dem neuesten Output nicht die erwartete Göttergabe ab.
Nach dem Intro startet das Album mit "Abduction" noch recht gefällig und auch "Soul Intruder" ist nicht von schlechten Eltern. Aber schon diesem Song hätte es gut getan, wenn die schnellen, druckvollen Parts nicht nur am Anfang und am Ende des Tracks auftauchen würden. Das darauf folgende "Kill Devil Hill" ist bei weitem kein schlechter Song, es mangelt ihm aber an Höhepunkten oder zwingenden Melodien.
Ähnliche Probleme quälen mich mit der Ballade "Navigate The Seas Of The Sun". Bruce entfaltet hier seine stimmlichen Qualitäten in erstklassiger Weise und auch das klassische, leicht spanisch anmutende Solo von Roy klingt toll, aber gegen eine Überballade wie "Tears Of A Dragon" sieht die Nummer fast schwach aus.
"River Of No Return" täuscht zuerst durch den Sequenzer einen modernen Anstrich vor, um dann vom Gitarrenriff her zutiefst retro zu klingen. Kommt beinahe wie ein alter Deep Purple- oder Black Sabbath-Song, wenn da nicht die einzigartige Stimme des Maiden-Frontmanns wäre. Erst "Power Of The Sun" lässt wieder richtig Stimmung aufkommen und hat auch einen mächtigen Maiden-Einschlag. Schade nur, dass dies nicht durch eine druckvollere Produktion unterstrichen wird.
Ein wenig an das Debüt "Tattooed Millionaire" erinnert das rockige "Devil On A Hog". Auch hier hätte sich bestimmt keiner über einen moderneren Anstrich und ein wenig mehr Tempo beschwert. So bleibt es bei einem gefälligen Song, dem das sehr atmosphärische "Believil" folgt. Vor allem mit dem recht harten Schlussteil, handelt es sich dabei um einen der interessanteren Songs des Albums.
Der Titeltrack, welchen Bruce eigentlich für das The Three Tremors Projekt mit Rob Halford und Geoff Tate geschrieben hatte, lässt "Tyranny Of Souls" versöhnlich ausklingen. Unterm Strich kommt aber nur eine Scheibe mit vier, fünf starken und ner ganzen Menge mittelprächtigen Stücken heraus, die fast nur durch Bruce' Gesang leben. Da hat man von einem Team, das Alben wie "Chemical Wedding" und "Accident Of Birth" eingespielt hat, mehr erwartet. Schade eigentlich ...
1 Kommentar
Hält nicht die düstere, melancholische Grundstimmung von "Chemical Wedding", das meiner Meinung nach eines der grandiosesten Metalalben aller Zeiten ist und ist längst nicht so mutig wie "Skunkworks", aber "Tyranny of Souls" ist trotzdem ein grandioses Album und reiht sich nahtlos in Bruce's geniale Diskographie ein.