laut.de-Kritik

Gavin Rossdale ist nicht besonders gut drauf.

Review von

"I Beat Loneliness" heißt das neue Album von Bush, "60 Ways To Forget People" die Single – Gavin Rossdale ist nicht besonders gut drauf (u.a. starb seine Mutter). Die von mir zu "The Art Of Survival" kritisierte Reihe fürchterlicher Albumtitel setzt sich auf den ersten Blick und sprachlich zutreffend fort. Auf den zweiten Blick jedoch, und das wird wichtig, ist dieser kindliche Satz sehr viel persönlicher und direkter als die Sprachunfälle der Vergangenheit.

Textlich völlig unbeholfen taumelt Rossdale durch die Religionsschelte "I Am Here To Safe Your Life", faselt vom Buddha-Töten und anderem Schmarren. Die Schelte geht aber trotz des fehlenden Tiefgangs auf, da er authentisch angefressen rüberkommt und der atemlose, unruhige Track gut zum Gesang passt. Ob die wenigen aufgeführten Beispiele, warum alles schlecht ist – gerne das böse WWW – dann noch dazu null sitzen, ist bei so viel Empörung egal, weil es eben nicht wie eine Pose wirkt.

Das gilt auch für den Opener "Scars" ("the body is/ quite complex", lol) - der Sänger ist angefasst, und so wirken seine offensichtlichen Limitierungen empathisch statt doof. Musikalisch zeigt das Lied eine große Offenheit, spielen elektronische Elemente doch plötzlich eine Rolle. Weniger als Fremdkörper, weil sie zum gepressten, unterdrückten Sound dieser Scheibe ebenso passen wie die düsteren Themen Rossdales. Man findet sich gleichwohl nicht nur wegen der Stimme schnell bei Bush zurecht, denn noch immer atmet jede Pore Post-Grunge der eigenen Trademark. Songs wie der Titeltrack leben in dieser Form aber weniger von Gimmicks und Einzelideen, als man es von der Band gewohnt ist, sondern geben durch ihre dichte Atmosphäre Sinn. Einen solchen Groove wie auf "We're All The Same On The Inside" ist man von der Band gar nicht gewohnt. Die schmissigen Grunge-Powerpopballaden wie "Glycerine" oder "Everything Zen" findet man hier nicht, sie werden aber auch gar nicht angepeilt.

Stattdessen bekommen wir die ebenso druckvolle wie bedrückende Single "60 Ways To Forget People", die den atmosphärischen Mehrwert der klug eingesetzten Elektronik gut herausstellt. Oder das wirklich tolle "Love Me Till The Pain Fades", das mit immer wiederkehrenden Groove-Wellen und einem glänzend auflegten Rossdale besticht. Alles passt bemerkenswert organisch zusammen; das sehr gute Songwriting der Briten hat sich ganz spürbar weiterentwickelt zu zusammenhängenden Ideen statt brillanter Einfälle, um die herum gebaut wurde.

Das gilt nicht für alle Tracks: "The Land Of Milk and Honey" verirrt sich im ewigen Midtempo, der Ballade "We Are Of This Earth" fehlt der Druck und die Dringlichkeit für seine ganze Gravitas. Die vermeidet "Everyone Is Broken" und fängt viel näher am Boden an und baut stattdessen gekonnt von unten auf. So passt selbst der kitschversoffene Refrain. Genauso wunderbar ist das facettenreiche, lebendige "Don't Be Afraid", schon die dritte Ballade am Stück. Hier funkelt alles ohne Kitsch, ein perfekter Song für dunkle Aquarien.

Das endet mit "Footsteps In The Sand", das gekonnt abreißt, bei dem sich Gavin aber arg zu doll in den Songtitel verliebt hat. "Rebel With A Cause" unterbietet das nicht nur mit seinem saudummen Songtitel, sondern entpuppt sich als Nickelback-Rohrkrepierer, der zum Schluss nur dafür taugt, zu zeigen, was das Quartett zuvor alles richtig machte. "I Beat Loneliness" macht Spaß, ohne nur die alte Formeln zu wiederholen.

Trackliste

  1. 1. Scars
  2. 2. I Beat Loneliness
  3. 3. The Land Of Milk and Honey
  4. 4. We're All The Same On The Inside
  5. 5. I Am Here To Safe Your Life
  6. 6. 60 Ways To Forget People
  7. 7. Love Me Till The Pain Fades
  8. 8. We Are Of This Earth
  9. 9. Everyone Is Broken
  10. 10. Don't Be Afraid
  11. 11. Footsteps In The Sand
  12. 12. Rebel With A Cause

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