laut.de-Kritik
Herbst im Land der Melodien.
Review von Alexander CordasGerade einmal ein gutes Jahr ist es her, seit C Duncan mit seinem umwerfenden Debüt "Architect" ins Rampenlicht trat. Schönklang und Harmonie in fast schon beängstigender Perfektion servierte uns der Schotte anno 2015.
Den Albumtitel für seinen zweiten Streich entlehnt er der ollen Mystery-Serie "Twilight Zone". Eine Episode von 1961 trägt diesen Namen. Kann man sich hier anschauen.
In seinem Kämmerlein komponiert, arrangiert und produziert der Multiinstrumentalist einmal mehr alles in Eigenregie. Auch das Artwork zum Album stammt aus seiner Feder. Ganz so spooky wie es die Serie suggeriert, geht Christopher Duncan musikalisch aber doch nicht zu Werke. Im Großen und Ganzen hält er an seinem Stil nämlich fest: Ätherische Pop-Melodien, die auch von der Spielzeit her stets dem Format treu bleiben, beherrschen "The Midnight Sun" als Dreh- und Angelpunkt. Dennoch dreht Duncan etwas an den Stellschrauben und verleiht seinen Stücken einen synthetischeren, gedämpft düsteren Touch.
Dass seine Songs deshalb steriler klingen, muss man indes nicht befürchten. Es perlen die Melodien, es schwingen die Stimmungen gar mannigfaltig. Zwischen all den schönen Arrangements und Klängen vermeint man dann aber doch ein wenig das Abseitige zu vernehmen, das zwischen der vertonten Melancholie hindurch scheint. Der Wohlklang tritt nicht nur als Selbstzweck in Erscheinung. Dahinter schwurbelt etwas kaum Greifbares, das ein Gefühl erzeugt, hinter der nächsten Ecke könne der Clown aus "Es" lauern. Die stärkere Verwendung von elektronischen Elementen befeuert diesen Eindruck.
Auffällig, wie oft Duncan mit Arpeggios spielt. Mal als Bassline, mal im Hintergrund, mal etwas prominenter platziert, flirren die Töne, drängen sich aber nicht nach vorne.
Wenn man "The Midnight Sun" etwas ankreiden kann, dann die weniger griffigen Melodien. Beim Debüt hatte man sehr oft das Gefühl, die Lieder müssen genau so klingen. Sie nahmen einen sofort gefangen, wohingegen man den neuen doch etwas hinterher rennen muss, bevor es klick macht.
Auch "The Midnight Sun" hat diesen Kehraus am Ende, der nicht so ganz zum Album passen will. Auf "Architect" hieß dieser "I'll Be Gone By Winter", 2016 wird "Window" daraus. Das klingt wie ein Zwitter aus Weihnachts- und Schlaflied und leitet perfekt aus dem Werk heraus.
Der Unterschied in der Stimmung der beiden Alben: Während "Architect" an der Schwelle vom Frühling zum Sommer steht, begleitet uns "The Midnight Sun" in den Herbst. Irgendwo zwischen Beach Boys-Chören und "Love Boat"-Kitsch entführt uns Duncan in seine Welt der Melodien. Da gehen wir gerne mit.
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