laut.de-Kritik
Unter dem redaktionellen Radar in den kommerziellen Olymp.
Review von Dominik LippeWer zum Teufel ist Capital Bra? Der Rapper habe ziemlich viele Follower "für jemanden, von dem ich bis gestern noch nie gehört hatte", stellte ein Redakteur der Rheinischen Post im August dieses Jahres verblüfft fest. In der Redaktion des Tagesspiegels herrschte Mitte November noch größeres Erstaunen, als sie, wenig glaubhaft, feststellten, dass man "selbst in Kreisen, die der Popmusik nicht ganz fern stehen", in der Regel "auf Kopfschütteln" stoße, wenn der Name des Rappers falle. "Nie gehört", so heiße es dann.
Statt sich angesichts des überschaubaren Horizonts in Schweigen zu üben oder sich zumindest, den journalistischen Gepflogenheiten folgend, mit dem Thema auseinanderzusetzen, stellen die Autoren mit stolz geschwellter Brust das eigene Unwissen zur Schau. Dabei zwingt dessen immenser Erfolg eigentlich dazu, sich mit dem zugegebenermaßen nicht ganz leicht verständlichen Phänomen Capital Bra näher zu befassen.
"Du jagst die Million, ich jag' gerad' die Rolling Stones." An den Rekorden der betagten Briten arbeitete sich Capital Bra dieses Jahr fröhlich ab. Mit "5 Songs In Einer Nacht", "Berlin Lebt", "Für Euch Alle", "Neymar", "One Night Stand", "Melodien" und "Roli Glitzer Glitzer" verbuchte er unfassbare sieben Nummer-eins-Singles im laufenden Kalenderjahr. Nachdem er im Sommer mit "Berlin Lebt" standesgemäß auch die Album-Charts anführte, wirkt Rang zwei für das fünfte Werk "Allein" beinahe wie ein Rückschlag.
"Ich komm' rein, immer aggressiv, denn euer Ego ist nicht größer als mein Appetit." Ähnlich wie bei Massiv besteht die größte Stärke Capital Bras im angriffslustigen Vortrag. Die Kombination aus russischem Akzent und sich überschlagender Stimme besitzt einen hohen Wiedererkennungswert.
Folgerichtig verzichtet er weitgehend auf gefällig weichgespülte Instrumentals. Die humorlosen Trap-Beats bewegen sich zwischen gehetzt ("Roli Glitzer Glitzer") und düster ("Maybach"). Bras animalische Performance passt dazu: Während Djorkaeff und Beatzarre in "Ya Salam" die Hunde loslassen, kreisen über dem "Trikot Von Turin" die Krähen.
"Alles, was wir machen, ist haram", fasst Capital Bra auf "Ya Salam" seinen Tätigkeitsbereich zusammen. Noch immer spricht die sprachliche Darstellung seines sich um Drogen, Autos und Frauen drehenden Alltags nicht für überbordendes lyrisches Talent. Zum Teil wirft er dem Hörer lediglich Satzfetzen hin, die, nachsichtig betrachtet, als Milieu-Sprache durchgehen: "Ich guck' direkt Mercedes, was Mobile? Lass ma' diese." Auch in der von Kollegah bereits durchgespielten Disziplin der Wortspiele schlägt sich der gebürtige Russe eher semi-gut: "Ich geb' Power, Bra, so wie Batterien."
Ohnehin zielen die simpel gestrickten Texte nicht auf eine tiefergehende Auseinandersetzung, sondern erscheinen oftmals direkt auf das Live-Publikum zugeschnitten worden zu sein. In Songs wie "Gucci Capi Tief", "Lass Mal Diese", "Benz Diggi" und "Roli Glitzer Glitzer" mimt Capital Bra deutlich den Animateur, der die Crowd zum Mitgrölen motiviert.
"Ich Liebe Es" dreht sich an der Seite von Xatar und Samy zwar ebenfalls um Batzen, Blunts und Bräute, vermittelt jedoch einen wesentlich ausgeglicheneren Eindruck. Das mag zwar abwechslungsreich gemeint sein, jedoch verliert Capital Bra damit den charakteristischen Kern seiner Kunstfigur. Das gilt auch für "Allein", in dem Bra mit technisch abgepufferter Vocal-Spur seine panische Angst vor Vereinsamung besingt: "Baby, lass mich nicht alleine. Betäubte Gefühle von Kreide."
Anders als der Titel suggeriert, folgt der Berliner der fest geschriebenen Vorgabe eines versöhnlichen Abschlusses, wenn am Ende "Schüsse Fallen": "Ich red' vom Herzen, auch wenn's mir keiner glaubt." Wie Eno aus der "Wellritzstrasse" oder die 187 Strassenbande auf "Sampler 4" bricht er im emotionalen Finale mit den zuvor verkörperten Kernanliegen: "Behalt' das Geld, behalt' die goldenen Platten. Nein, ich will gar nichts haben. Diese Scheiße macht ein'n krank." Möglicherweise ist Capital Bra also längst über alle Berge, bis auch die großen Tageszeitungen seine Existenz auf dem kommerziellen Olymp wahrnehmen.
10 Kommentare mit 14 Antworten
Der erste Absatz.
Komisches Teil, wirkt wie unmotivierte Resteware, die er übers Jahr zusammengetragen hat
Kein roter Faden, keine interessanten Produktionen und obendrein kein wirkliches Empfinden, es hier mit einem vollwertigen Album zu tun zu haben
War "Berlin lebt" noch ein waschechtes, mit teils hochwertigen Tracks befeuertes Release mit Ecken und Kanten (und Höhen und Tiefen) ist das hier ein nichtssagendes Geschummel mit dem hypeträchtigen Namen
Passt auch zum Bild des sich abnutzenden Gaudirappers, der gefühlt jeden Tag einen zweiminütigen one take Trackversuch raushaut um die hektische Zielgruppe abzugreifen. Nur noch omnipräsente Quantität anstatt ein wie zuvor qualitativ seriöses Herangehen an neue Projekte
Der erste Absatz deines Postings trifft es sehr gut - hier musste noch ein Vertrag mit dem alten Label Team Kuku erfüllt werden, weshalb dieses Album noch schnell rausgeballert wurde.
Komischerweise führt laut.de als Label egj auf...also entweder hast du keinen Plan, oder laut.de...wobei mich Beides nicht wundern würde.
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Es mag ja durchaus richtig sein, dass er noch eine Art Ehrerfüllung mit den Kukukskindern hatte, aber dann diese krude Zusammenstellung garniert mit aktuellen Samra und Bushido-Features ergibt eines der absolut unnötigsten Releases der letzten Jahre. Image- bzw qualitätstechnisch hat er sich damit auch keinen großen Gefallen getan, auch wenn das bei der angepeilten Zielgruppe womöglich egal ist
@Schwuppdi Zum Thema Label:
https://hiphop.de/release/capital-bra-allein
https://genius.com/albums/Capital-bra/Allein
http://www.16bars.de/newsartikel/240028/al…
Wenn du sonst noch was nicht weißt, einfach selbst kurz googlen...
Lesen hilft. Es ging ja nur um die Diskrepanz zwischen Deiner Aussage und dem was hier bei laut.de steht.
Für so einen Müllrapper wie diesen Schorejunkie bediene ich doch keine Google-Suche...ich bitte Dich:
Wie überbewertet kann ein Rapper sein? Don‘t believe the Hype.
sollte irgendwann die geschichte vom suppenkaspar neu verfilmt werden, dann ist diese bürschchen sicherlich der topkandidat für die hauptrolle. wers nicht glaubt, der schaut sich am besten mal sein gehampel in den videos an. diese bewegungen sind so dermaßen peinlich...lächerlich auch das der änis solche witzfigur supportet. egj ist over.
Das Beste ist Änis neuestes Statement, in dem er Capital als "einen der letzten wahren Künstler" betitelt.
ja, das ist alles so dermaßen lächerlich
Habe noch nie so ein schlechtes Umfrageergebnis bei hiphop.de gesehen wie bei Capitals "Diss".
Die peinlichen Kategorieren sind hiphop.de zu verdanken, nicht mir:
Hat Capital Bras Track aus Battle-Perspektive überzeugt?
79,9 % - Nein. Überhaupt nicht.
12,6 % - Ein paar Lines gehen klar.
7,5 % - Ja, geiles Ding vom Bratan!
Ich hoffe hiphop geht endlich pleite wie Toxic es ja mal angedeutet hat..sind echt nicht mehr zu ertragen
er hat mal angedeutet das es hiphop.de finanziell schlecht geht? wundert mich...hätte gedacht die stehen von den ganzen portalen noch am solidesten da...
Kann mich nur an diese Sache mit der Schimpfwort-Zensur erinnern, wo es hieß, sie könnten sich ohne die Werbeeinnahmen nicht über Wasser halten bzw. dass es generell nicht so rosig aussähe mit den Finanzen.
Schön zu lesen, Hiphop.de hat jeden Dreckstrend mitgemacht und jahrelang stark vom Interview-Hype gelebt. Damit ist nun endlich Feierabend, selbst die Nachwuchsprolls zuhause haben gecheckt, dass ihre "Künstler" überhaupt nix zu erzählen haben.
Macho Kanacke macht einen auf Thug und rappt über Bling Bling, Ghetto, Koks und Bitches bangen - die 74224te...Meine Fresse, der nächste Retorten-Ghetto-Kaschper für die nachfolgende noch verko(r)kstere Generation der vorherigen die mittlerweile mit Bushido aus dem Klischeerap rausgewachsen sind und nun ordentlich in ihren jeweiligen Clans Drogen verticken oder "die Tür machen"...