laut.de-Kritik
Minimalistisches Comeback mit ausdrucksstarken Songs.
Review von Stefan MertlikCat Power hat turbulente Jahre hinter sich. Seit der Veröffentlichung ihres neunten Studioalbums "Sun" im Jahre 2012 kämpfte sie mit gesundheitlichen Problemen, trennte sich von ihrem Langzeit-Label Matador und wurde Mutter. Ihr zehntes Album "Wanderer" erzählt von diesen lebensverändernden Ereignissen.
"The doctor said I was better than ever / Man, you should have seen me / Doctor said I was not my past / He said I was finally free", gibt sie mit "Woman" einen Einblick in ihre damalige Gefühlswelt. Diese Zeit gehört der Vergangenheit an, doch die Stimmung weiß Cat Power innerhalb der 38 Minuten von "Wanderer" unangenehm nachvollziehbar wiederzubeleben.
"Wanderer" baut dabei nicht auf Pomp, sondern verlässt sich auf eine minimalistische Instrumentierung. Ein bisschen Gitarre, ein bisschen Klavier und ein Hauch von Percussions. Dennoch kommt keine Langweile auf. "Horizon" überrascht durch den sparsamen Einsatz von Stimmverzerrern, Lana Del Rey wandert auf "Woman" ein Stück mit und "Nothing Really Matters" ist eine so düstere wie optimistische Pianoballade.
Die Platte atmet die Atmosphäre verlassener Landstriche. Vergleiche mit Tom Waits liegen auf der Hand. Doch nicht nur das Duett mit Lana Del Ray beweist, dass Cat Power noch besser klingt, wenn sie sich an Künstlern der Stunde orientiert. So wirkt das Rihanna-Cover "Stay" eindringlicher als das ohnehin schon schwer balladeske Original.
"Wanderer" fällt trotz der musikalischen Simplizität komplex aus. Das liegt vor allem an Cat Powers Fähigkeit, Texte zu schreiben, die wie intime Selbstgespräche anmuten. "Oh, wanderer / I've been wondering / If your brown eyes still have color, could I see?", singt sie im Titelstück und lässt kaum Zweifel daran, dass sie damit keine Identifikationsfläche für den Zuhörer schaffen möchte, sondern Vergangenheitsbewältigung betreibt.
Besser hätte Cat Powers Comeback nicht ausfallen können. Die 46-Jährige verzichtet auf tanzbare Rhythmen, Synthesizer und andere Spielereien, die von den Inhalten ablenken könnten. Stattdessen reißt sie ihr musikalisches Haus komplett ab und legt mit "Wanderer" ein frisches Fundament, auf dem sich ein neuer Karriereabschnitt aufbauen lässt.
2 Kommentare mit einer Antwort
2015 habe ich die Frau mit meiner Verlobten live gesehen. Es ist das einzige Konzert meines Lebens, das ich vorzeitig abbrechen und verlassen musste, weil sie nach fast 3 (!) Stunden noch immer nicht fertig war.
Gebe daher erstmal ungehoert 3/5.
Bemerkenswertes Bewertungskriterium. Aber wo ist der Zusammenhang?
Wirklich ein eindringliches Album. Oberflächlich minimalistisch, aber mit dem Wenigen erzielt es einen Tiefgang, dass es mich an manchen Stellen mitreißt. Hat sicherlich was mit den dramatischen Pausen zwischen den Noten zu tun. Man denkt, es kommt nix und dann ...