laut.de-Kritik
Polyrhythmische Schlagwerk-Kanonen auf Autofeuer blasen zum Angriff.
Review von Matthias MantheBlitzkrieg, Baby! Polyrhythmische Schlagwerk-Kanonen auf Autofeuer blasen zum Angriff. Ein martialisches Orgelostinato wirft Funken aller Couleur in den nächtlichen Himmel. Dann skandiert Katrina Fords androgynes Soul-Organ "Got more guns than anybody", Ausrufezeichen hinter jeder Silbe. Als ob das die Gegner nicht wüssten. Gefügig gemacht durch subtilen Saxophon- und Klarinetteneinsatz, hissen sie die weiße Fahne aber vergebens. Immer schneller pumpen die Synthiebässe, immer atemloser stürmt diese unbesiegbare Stimme auf den starren Feind zu. Ein Knall und alles ist zuende.
"Diamonds" dreht das Ruder ruckartig um 180 Grad und präsentiert eine in Sachen Lautstärke domestizierte Frontfrau. Keine Spur von Tobsucht, stattdessen funkelnder Cabaret-Pianopop, der jedem James Bond-Soundtrack zur Ehre gereichen würde, Shirley Bassey lässt grüßen. Den Hintergrundchor besorgt Tunde Adebimpe, Vokalist der buchstäblich klangverwandten TV On The Radio. An der Stelle darf das Glöckchen gleich mehrmals klingen, denn deren Produzent David Sitek zeichnet ebenfalls für das Celebration-Debüt verantwortlich.
Die Persönlichkeitsspaltung in Rythme Fatale und abgeklärte Chanteuse bildet stets den roten Faden des Albums. In "Foxes" macht Fords oktavenreicher Alt gemeinsame Sache mit einem angesägten Gitarrenriff und bohrt Fingernägel in Rückenfleisch. Die Todesballade "Lost Souls" funktioniert dagegen als unwiderstehlich fatalistische Slowdance-Aufforderung. Zum Percussionfundament, das die drei Bandmitglieder in Teamarbeit beackern, gesellen sich Theremin, Akkordeon und eine Scheune voller Orgeln.
Celebration benötigen für ihr ganz besonderes Fest keinen klassischen Anlass. Statt der Vorhersehbarkeit des Jahreskalenders zu folgen, konturieren sie lieber Tragödien über Seelenverlust und apokalyptischen Trennungsschmerz. Oder eben das Gefühl, auf einem maroden Bretterhaufen unaufhaltsam auf einen Seesturm zuzutreiben ("Good Ship"). So entsteht ein kunstvoller Fächer an Emotionen, verpackt in aufregenden, tanzbaren und avantgardistischen Soul.
Noch keine Kommentare