laut.de-Kritik
Mehr als eine Verbeugung vor dem 80er Hardcore.
Review von Andreas Dittmann"Die Zukunft des Hardcore" titelte die Visions Ende 2011 über Bands wie La Dispute, Touché Amoré oder Pianos Became The Teeth. Diese "The Wave"-Bands lassen ihre Verzweiflung in brachialen Postcore/Emo-Eruptionen über dem Hörer einprasseln. Ceremony sind anders. Ganz anders. Und vielleicht gerade deswegen so interessant und gut.
Denn im Gegensatz zu den oben genannten Gruppen sind Ceremony stark vom 80er Hardcore, Punk, Wave und Garagenrock inspiriert. Die Gitarren schrammeln meist clean und sumpfig, während Sänger Ross Farrar schreit, mit viel Hall spricht oder verzerrt nölt. Schon nach dem Opener "Hysteria" denkt man unweigerlich an Fugazi, Black Flag oder die Gorilla Biscuits. Seitdem scheint in Ceremonys Augen nichts Wesentliches im Hardcore-Bereich passiert zu sein.
Und so schwelgen sie die Platte über in musikalischen Erinnerungen, zitieren, schmücken aus, bewegen sich mal mehr in Richtung krächzendem Hardcore-Punk, dann wieder zurück in etwas sphärischere Wave-Gebilde. "Ordinary People" oder "Citizen" hätten ebenso gut vor 30 Jahren auf einer Black Flag-Platte gelistet sein können – in einem älterem Soundgewand versteht sich.
Dabei agieren sie dennoch abwechslungsreich: "Brace Yourself" groovt cool über einem simplen Basslauf, während die Gitarre noch weiter in die Vergangenheit rutscht und 60s Twang-Töne knattert. "Hotel" flirtet in einer dunklen Seitenstraße mit düsteren Surfer-Sounds.
"Hysteria" ist auf jeden Fall der Mega-Hit. Die Band grölt ihre "Ou-Ou-Ous", während Ross "Hysteria, Hysteria" brüllt. Alles scheppert und wackelt, kracht und krächzt.
Ceremony leben musikalisch also definitv in der Vergangenheit, klingen auch mal wie Joy Division oder Suicidal Tendencies. Und auch sonst scheinen sie nicht wirklich Lust auf das moderne Leben zu haben. Facebook- und Twitter-Accounts sind nicht vorhanden, MySpace gerade noch so. In den Texten beschäftigt sich Ross allerdings schon mit den Eigenheiten der Gesellschaft, mit dem ständigen Beobachten und dem Stalken in Internet und Fernsehen. Die Menschen als Tiere in einem Zoo, die freizügig ihre Probleme öffentlich machen ("Excuse me Mr. / Excuse me Ms. / I got a problem / I got lot of em"), gleichzeitig aber Voyeure sind, die sich gegenseitig begaffen.
"Repeating The Circle" beinhaltet stolze zwei Textzeilen, die, der Titel verrät es schon, im Kreis wiederholt werden: "Blown from the sun into the surf / Pushed from the womb to water the earth". Ja, das ist auf die Dauer etwas eintönig, zumal Ross die Angewohnheit hat, seine Töne gerne gelangweilt in die Länge zu ziehen. "Nosebleed" hat immerhin eine Zeile mehr. Das macht den Song aber leider trotzdem nicht spannender.
Doch gerade im aktuellen Postcore-Hype sind Ceremony vor allem eins: herrlich anders und eine willkommene Abwechslung.
2 Kommentare
3 griffe, unter 3 minuten? ganz klar rocknroll!
gekauft!
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