laut.de-Kritik
Großes Drama, großes Pathos, großes Album!
Review von Markus BrandstetterMehr Dramatik! Mehr Theatralik! Mehr großes Gefühl! Große Sinnfragen erfordern eben große Melodien, auch wenn Charlie Barnes über den Titelsong erzählt: "Es geht ehrlich um nichts wirklich Weltbewegendes. Jemand in seinen frühen Zwanzigern, der sich über seinen Platz auf dieser Welt Gedanken macht, darüber, warum wir die Dinge so tun wie wir sie tun, und wie zur Hölle man seinen Kopf über Wasser halten kann."
Widerspruch, Herr Barnes: Dann gehts ja doch ums Eingemachte, ums Wesentliche, um Leben und Tod! "All the houses we build that have to many windows to be safe", singt Barnes im Titeltrack, und weiter: "All the things that we hope we'll be remembered for when we are gone". Was bleibt also von uns übrig, wenn wir einmal längst weg sein werden?
"Big Morbid Death Pop" nennt er die Gangart des Longplayers, der via Superball Music erschienen ist, ein Label, das in erster Linie progressivere Rock-Künstler beheimatet. ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead und Dredg beispielsweise. Als Produzent hat er sich Steve Durose ins Boot geholt, den man vor allen von seinen Arbeiten mit Oceansize und Amplifier kennt, beides wesentliche Einflüsse für Barnes.
Barnes' Gesang bewegt sich zwischen Bruststimme und Falsett, zwischen Pathos, Melancholie, Dramatik und gelegentlicher Larmoyanz. Von Durose hat er laut eigenen Angaben in erster Linie gelernt, wie wichtig starke Melodien sind, starke Gesangslinien und Refrains. Derer gibt es reichlich auf "More Stately Mansions". Was balladesk beginnt, steigert sich recht schnell zur Symphonie.
Beim Opener "More Stately Mansions" geht die Steigerung ein wenig langsamer vor sich, "Sing To God" bietet gleich von Anfang an Breitbild-Opulenz. Wenn man schon den Allmächtigen ansingt, dann mit soviel Schmackes wie möglich. "Ghosts" ist dann eine reine Klavier-Ode, die gänzlich ohne Bandeinsatz und dramaturgischer Steigerung auskommt. Bei "Macbethmacbethmacbeth" (dreifach hält besser) kommen auch einmal recht schwere Riffs zum Einsatz.
Atmosphärische, cineastische Klavierballaden, die mehr und mehr, dichter und dichter werden, bilden das Grundfundament von "More Stately Mansions". Barnes erinnert einen oft an Thom Yorke zu Zeiten, als Radiohead noch mehr vom Songformat hielten (all jene, die sich nach diesen Zeiten zurücksehnen, bedient "More Stately Mansions" mit Sicherheit gut), auch ein Vergleich mit Matthew Bellamy und Muse liegt nahe.
Emotionales Understatement ist "More Stately Mansions" mit Sicherheit keines, ganz im Gegenteil. Der Longplayer spielt alles gleichzeitig: Elegie, Theater und Pathos, Melancholie und Erbauung, die schon erwähnten Larmoyanz und Drama. Lässt man sich darauf ein, hat man es mit einem durch und durch wunderbaren Debüt zu tun.
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