laut.de-Kritik
Hungrig und aggressiv wie noch nie.
Review von Frieder HaagChefket befreit sich für sein neues Album von allen Fesseln der Vergangenheit. Auf eigenem Label und an der Seite eines einzelnen Produzenten gerät "2112" zu einem wahren "Egotrip". Dass dies im Musikkontext kein Makel sein muss, beweisen die insgesamt 9 Tracks und das Intro zu genüge.
Nobody's Face aus dem Greenberlin-Camp sucht sich die Kirschen aus der Bastelkiste des zeitgenössischen Hip Hops. Daraus baut er ein mitreißendes, sehr präsentes Fundament. Die wabernden 808s oder der drückende Grime-Bass stechen hervor und das Album lebt sehr von dieser Abwechslung.
Trotzdem ist es natürlich Chefket anzurechnen, die Bässe mit Wörtern zu ergänzen und die Inhalte zu liefern, die die Vielfältigkeit seiner Musik ausmachen. Stand Chefket in der Vergangenheit immer für eine Mischung aus laid back Rap und Gesang, zeigt er sich auf "2112" hungriger und wütender als zuvor. Mehr "Gel Keyfim Gel", weniger "Nachtmensch". Dieser Chefket "zeigt wie man flext". Wer den MC bisher eher als ruhigen Typ auf dem Schirm hatte, wird von seinen Fähigkeiten am Mic überrascht sein.
"Indie Indie" dampft die Essenz des Albums auf einen Song ein. Hate auf Musikindustrie und den zugehörigen Sumpf, Props an die schon ältere Hörerschaft, die sich nicht von schnellen Trends blenden lässt. Dabei kommt er nicht umhin, etwas nach Raponkel zu klingen. Der Rant wird aber souverän vorgetragen und reflektiert auch die Rolle von Chefket, der zwar nicht mehr als der undergroundigste Jugendzentrum-Rapper durchgeht, wohl aber weit von Chart-Trap entfernt stattfindet.
Der echte Raponkel ist aber auch mit von der Partie: Good Old Samy hat tatsächlich einen Part auf "DWNW". Ausgerechnet der reinste Grime-Song des Albums verliert dadurch etwas an Qualtität. Chefket kann die Bässe parieren und hackt den Beat mit Stakkato-Flows in Stücke. Nachdem "Grime aus Berlin" von Skinnytis und Apatchy104 letztes Jahr bereits das Genre aus UK geholt haben, zeigt sich hier die nächste Stufe von Deutsch-Grime. Solche Ansätze machen diese Platte spannend. Samy Deluxe hingegen hängt - trotz unbestrittener Skills - ein bisschen in den Seilen und kommt nicht ganz hinterher. Sein stetiges Herumreiten auf vor 20 Jahren verdienten Lorbeeren macht den Part nicht besser.
Für "UBR" engagiert der Rapper die Sängerin May, die bereits auf seinem letzten Album "Alles Liebe (Nach Dem Ende Des Kampfs)" zu hören war. Leider harmonieren die beiden wenig und die Hook wirkt etwas erzwungen.
Großes Thema des Albums ist der "Underdog"-Status des Berliners. Über die ganze Spielzeit verteilt sind immer wieder Samples von knurrenden Hunden zu hören. Diese nicht ganz subtile Metapher zeigt, wo sich Şevket Dirican selbst sieht. Er schießt gegen Drogen-Rap, macht sich über die Gangster im Game lustig und besorgt sich dafür außergewöhnliche Untermalung.
"Film" beispielsweise nimmt die Szene auf die Schippe. "Ich bin so Chef, du bist so wack / Umso kleiner der Schwanz desto teurer die Rolex" rappt er und gibt dann zwei Minuten lang an, ohne eigentlich irgendwas zu sagen. Auf dem Closer "Verrückt vs. Superstar" hingegen lässt er seinen Werdegang Revue passieren. Dabei klingt er wieder wie der Chefket der alten Alben und singt seine Hook selbst.
Die Ermangelung eines wirklich großen Hits und Anbetracht zweier leider deplatziert wirkende Features dämpfen die Freude an der Platte ein wenig. Auch die Themenauswahl hätte sich ein wenig von der Cheffie-ist-jetzt-Indie-Schiene weg bewegen können. Trotzdem bleibt ein Album, das eine konsequente Weiterentwicklung des Künstlers zeigt und durchweg unterhält.
5 Kommentare mit 10 Antworten
Hungrig und aggressiv wie nie und beschissen, wie eh und je.
Danke /dann lieber gris oder amewu aus dem ehemaligen camp
Amewu hatte leider auch nur ein supergeiles Album, genau zwischen catchy und deep. Der Rest war oft textlich super, aber im Vortrag viel zu verkrampft. Das Prezident oder Degenhardt Syndrom.
Das ist ja schön und gut aber inwiefern bringt das den Feminismus voran?
Der Feminismus ist wie der Blob. Er ist irgendwie da, niemand weiß so genau, was er ist oder will, und in irgendeine Richtung bewegt er sich immer. Es können also auch Asphalt, Butter oder Regen den Feminismus voranbringen, wenn man will. Soweit ich weiß, ist ElMassivo der größte Feminist aller Zeiten.
Wo steckt der eigentlich?
Gute Frage. Ich vermisse ihn sehr. Vielleicht hat er sich beim Pumpen ne Zerrung am Unterarm geholt, die ihn am Tippen hindert
ich mag feministinne aber sie mag nicht mich das ist nicht leicht bei frauen für mich wie für alle brüder
Wer mag schon Feministinnen. Jetzt mal ganz ehrlich, das muss zu Hause wirklich nicht sein. Völlig unsexy.
Da bist Du ja, Bruder! Für mich bist Du eine Kuhkatze. Liebe!
danke bruder du bist für mich ein ulf und ich bin stefan
Irgendwie kann ich kein Album mehr hören, auf dem Samy oder Sido oder Savas oder andere Peinlichprinzen des Raps vertreten sind. Vllt entgehen mir einzelne Perlen, aber es geht einfach nicht.
word.
Album ist sehr bouncig, mag die beats.
Mega gut geworden die Platte. Chefket ist Konstant seit Identitäter für mich eins der Highlights im Deutschrap.