laut.de-Kritik
Hier klingt alles nach Bierdosen, Zigarettenkippen und Proberaum.
Review von Philipp SchiedelIn Zeiten der Besinnung auf dreckigen Rock'n'Roll mit den Herren der Strokes und dem Geschwisterpaar der White Stripes (ich bin mir sicher dass diese zwei Bands in jeder Review über diese Platte genannt werden...) kommt Chick Graning mit seinem ersten Soloalbum genau zum richtigen Zeitpunkt.
Denn im Gegensatz zu den anderen macht er nicht auf alt, sondern er ist es. Und Indie-Rock ist er natürlich auch. Kann man so sagen, wenn man schon in zwei Bands (Anastasia Screamed und Scarce) gespielt hat und mit Nirvana, Pavement oder den Pixies auf der Bühne stand. No Nachmache, this is real.
Hier klingt alles nach Bierdosen, Zigarettenkippen und Proberaum. So wie jeder, der ein bisschen Rock'n'Roll in seinem Herzen trägt, wohl gerne mal sein möchte. So wie man sich wünscht, einmal mit seinem besten Freunden auf den fertigsten Instrumenten einfach loszurocken, alles um sich herum auszuschalten und solche Songs zu spielen. Der Hammer ist dabei nicht der Biervorrat oder die abgespielten Saiten, sondern Chick Granings Gespür für Melodien. Das ist kaum zu toppen.
Wie bei den neuen Rock-Sprösslingen ist die instrumentale Umsetzung dabei wenig spannend. Das Wichtige ist, ob der Song im Ganzen funktioniert. Die Gitarre kann wohl jeder so bedienen wie Graning, beim Melodiebogen, den er drumherum aufbaut, muss man sich aber winselnd geschlagen geben. Der alte Rocker bringt Ohrwürmer, die sich auch nach vierunddreißig Durchläufen noch nicht abnutzen. Alleine heute habe ich die Platte schon viermal durchgehört. Und das ohne Unterbrechung.
Dabei macht es keinen Unterschied, ob nun gerade ein leiser und melancholischer Song oder durchtretener Schrammel-Rock läuft. Es stimmt immer. Wenn bei "Merci" die Bassdrum schlecht abgenommen ist und mit Hall total übersteuert, dann muss das bei einer solchen Platte genauso sein. Auch die Gitarre bei "Tomorrow Is A God Day To Die", die ihrem Sound zufolge schon einige Jahre On-The-Road nicht gerade unbeschadet überlebt hat, klingt genial kaputt, wie man das hören will.
"MT" ist bester empty-hearted-Blues mit viel schöner Traurigkeit und punky Power-Accord-Schrammeleien. Was vor kurzem noch altbacken klang, ist heute schon vertraut. "I want to rule the world about some time next week" jault Granings krächzende Stimme im Titelsong. Keine Sorge, meine hast du schon heute.
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