laut.de-Kritik
Was ein Schlingensief für MTV ist, ist Chilly Gonzales für den Hip Hop.
Review von Eberhard DoblerWas ein Christoph Schlingensief für MTV ist, ist Chilly Gonzales für den Hip Hop: ganz bestimmt kein Mainstream. Mit Kategorisierungen tut man sich bei dem Wahl-Berliner schwer. Eher kommen einem Vokabeln wie schräg oder durchgeknallt in den Sinn. Eigenwillig oder eigenständig sind aber die passenderen Attribute. Denn nicht alles was den Hörgewohnheiten zuwider läuft, ist automatisch durchgeknallt.
Chillys Sound gefällt. Aber was soll ich damit eigentlich anfangen? Tanzen? Dafür sind die meisten Tracks zu wenig eingängig. Zuhause entspannt zuhören? Dafür sind sie irgendwie zu sperrig. Bleibt nur der Live-Auftritt, der den Konzert-Besucher unterhalten soll. Der Album-Titel "The Entertainist" trifft die Sache deshalb ziemlich genau. Denn Gonzales' Musik unterhält mit Style-Zitaten (z. B. Eminem), schrägen Sound-Zusammenstellungen und ungewohnten, aber einnehmenden Rhymes.
Der ausgebildete Klavier-Spieler versteht sein Handwerk - und das seiner Kollegen. Gonzales interpretiert geläufiges Musikgut und arbeitet es in seine Ideen mit ein. Es dominieren Old-School-Beats, Elektro-Sounds und Effekte-Allerlei. Aber auch Gitarren-Klänge sind mal zu hören. Seine Texte rappt Gonzales oft im Frage-Antwort-Schema, das durch unterschiedliche Gesangs-Effekte unterstrichen wird.
"This One Jam" und "The Name They Gave Me" sind schöne Beispiele für Gonzales' Stil. "Figga Please (feat. Paul PM)" groovt kantig und "Mediation (feat. Paul PM)" bietet eine coole Mischung aus Techno-Bässen, tiefen Bläsersätzen und Chillys Rhymes. Irgendwie surreal, was Gonzales da fabriziert. Klingt ein wenig nach Aktions-Kunst. Grund genug für Kitty-Yo, den Mann unter Vertrag zu nehmen.
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