laut.de-Kritik
Lieblingshymnen für den goldenen Oktober.
Review von Jasmin LützEin erleichtertes Raunen geht durch die Stadt. Nicht nur die Spatzen pfeifen die gute Nachricht von allen Dächern: Die Köln/Bonner Freundschaft Clayton Farlow bringen endlich ihr lange ersehntes Debütalbum "All The Way" auf den Markt. Jeder eingefleischte Fan hat seine ekstatischen Luftsprünge bereits getätigt. Jeder neue Zuhörer wird dieses sportliche Erlebnis noch vor sich haben. Clayton Farlow sind drei gutaussehende, junge Männer im besten Alter, die sich bereits 2001 mit ihrer EP "Sunshine Loaded Head" im heimischen Indieklüngel einen Namen gemacht haben. Damals noch auf Tumbleweed Records erscheint ihr Longplayer nun auf den Kölner Labeln Sitzer Records (CD) und Parapop (Vinyl).
Ich selber kann mich ja gar nicht entscheiden, welcher Titel als Lieblingshymne des wunderbar goldenen Oktobers 2005 erkoren werden soll. Wenn man mir allerdings eine Pistole gegen die Schläfe hält und mich zwingen würde, eine Entscheidung zu treffen, dann wäre es wohl "Perspektive" ... nee, "Crossroads" oder doch "Summerhouse", "Dancing With You" ..? Und Peng - Tod. Hoffentlich werde ich niemals vor einer derartigen Erpressung stehen und es bleibt mir erlaubt, alle elf Songs zu lieben.
Die "Perspektive" allein wegen der grandiosen, überraschenden, deutschsprachigen Textzeilen: "Jeder weiß es ist nicht leicht allein zu sein / doch schwerer ist es zu zweit / jeder weiß auch, dass es am Ende nur die Frage deiner Perspektive ist / jeder weiß es ist nicht leicht zu zweit zu sein / doch schwerer ist es allein / jeder weiß auch dass es am Ende nur die Frage deiner Perspektive ist."
Oder "Crossroads", Sänger und Gitarrist Patrick Schäfer in einem mitreißenden Schrammel-Alleingang, die Stimme überschlägt sich genauso wie die eigene Begeisterung beim wiederholten Hören und die New Yorker Antifolk-Szene hätte ihre helle Freude daran. Das beschwingte "Summerhouse" ist der Beginn eines Jahrhundertsommers, der mindestens 365 Tage lang andauert. "Dancing With You" eine leider viel zu kurze Reise in das schwungvolle Tanzvergnügen, verursacht durch lässige Bassvibrationen von Christoph Schneider. "I Could Sleep", die herausragende Mundtrompete von Herrn Schäfer, die man live nur noch mit Kniefall und hysterischer Jubelschreie zur Kenntnis nehmen kann.
Insgesamt lauscht man auf "All The Way" einprägsamen Melodien, mal melancholisch schön oder rockig wild, die den Namen POP ganz groß in sich tragen. Unterstützt durch rhythmische Trommel-Coolness von David Damschen. Und wenn du dann das Album noch ausgerechnet auf einer Fahrt von Köln nach Benicassim (Spanien) hörst, in dem kleinsten und abgefucktesten Auto der Welt, immer wieder auf Repeat drückst, einen kleinen Jungen neben dir sitzen hast, der der englischen Sprache zwar nicht mächtig ist, aber dennoch nach dreimaligem Hören lustig mitträllert. Und wenn dich dann noch dieses kleine Höllenfahrzeug mit dem sensationellen Fahrer gesund und glücklich wieder zurück nach Hause fährt und du dabei immer wieder diese einprägenden Melodien im Ohr hast, dann weißt du, die Welt ist doch gut!
Und ja, die Schreiberin gibt zu, diese Besprechung ist alles andere als objektiv (sind Besprechungen doch eh nie, Anm. d. Red.). Aber versuch du mal nach diesem Album und zahlreichen innigen Fans um dich herum, die dir immer wieder beteuern, wie toll diese Band ist und sie dich immer wieder zu einer dieser viel zu seltenen Konzerterlebnisse mitschleppen und du dann sehr schnell die Anziehungskraft von Clayton Farlow wahr nimmst und dann, ja dann, meine Lieben, möchte ich mal lesen, wie sachlich und nüchtern ihr dabei bleibt.
Noch keine Kommentare