laut.de-Kritik

Die Wut steckt im Detail.

Review von

Tieftraurige Melancholie durchzieht die Lyrics auf "Life Without Sound", die aber immer wieder von poppig fröhlichen Gitarren-Hooks kontrastiert wird. So etwa im beinah nach Pop-Punk anmutenden Track "Modern Act": "I want a life, that's all I need lately / I am alive but all alone", oder im ebenfalls ungewohnt eingängigen "Enter Entirely": "I had a lot of time alone / disintegrating / Watching all of the hours / with a bottle of wine / What a line."

Ja genau, was für Zeilen! Wie Dylan Baldi von den Cloud Nothings selbst offenbart, handle das Album davon, zu akzeptieren, dass man im Leben nun mal nicht alles bekomme, was man will. Gedanken, in denen sich wohl so manch Mittzwanziger wiederfinden kann. Wein und dieses Album könnten helfen, sich damit abzufinden.

"Ich versuche gerne, die Dinge immer ein bisschen anders zu machen. Ich will mich lieber weiterentwickeln als stehen zu bleiben oder irgendwie Rückschritte zu machen," erklärt er weiter im laut.de-Interview. Genau das trifft auf das mittlerweile fünfte Album der Clevelander zu. Das bedeutet etwas mehr Hochglanz statt schrammeligem Lo-Fi-Punk. Wer das an den hochgelobten Vorgängeralben "Turning On" oder "Here And Nowhere Else" geliebt hat, wird von der neuen Platte zunächst wohl etwas enttäuscht sein.

Die Cloud Nothings – jüngst um einen zweiten Gitarristen ergänzt – justieren hier ihren Sound, ohne sich gleich komplett neu zu erfinden. "Life Without Sound" klingt glatter, poppiger und eingängiger, jedoch ohne die zugrundeliegende Aggressivität einzubüßen. Dem ein oder anderen mag das nun etwas zu poliert geraten sein. Aber eigentlich macht die Band um Dylan Baldi damit einiges richtig.

Anstatt alles in wenigen Tagen zu schreiben und aufzunehmen, ließ man sich dieses Mal über ein Jahr Zeit. Für die Produktion zeichnete John Goodmanson (Sleater Kinney, Death Cab For Cutie) verantwortlich – vermutlich beides maßgebliche Gründe für den Wandel im Klang.

Das äußert sich auch im Gesang Baldis, der hier wahrscheinlich seine bisher technisch ambitionierteste Leistung abliefert. Das heißt mehr Gefühl, weniger Gebrüll. Nur in gelegentlichen Wutausbrüchen verleiht er seiner Angepisstheit Ausdruck. So etwa in "Strange Year" oder "Realize My Fate".

Selbes gilt für die Gitarren, die größtenteils behutsamer vorgehen als bei den Vorgängern. Die hingerotzt grungigen Riffs weichen melodischen Segmenten und ausgiebigen Soli. Bisweilen blitzen die gewohnt dreckig und kompromisslosen Parts aber Gott sei Dank immer noch auf, zum Beispiel in "Darkened Rings". Das sorgt für stetige Vielfalt im Klangteppich. Bass und Trommel gehen nach wie vor unbeirrt nach vorne und sorgen immer noch für den altbekannten Drive.

Die jugendliche Wut der Lo-Fi Punker versteckt sich auf "Life Without Sound" hinter einer ausgewogenen Besonnenheit. Statt in minutenlangen Noiserock-Eskapaden zu münden, gestalten sich die Tracks kompakter, eingängiger und weniger aggressiv. Das tut dem Album aber keinen Abbruch sondern erweist sich als durchaus guter Move!

Trackliste

  1. 1. Up To The Surface
  2. 2. Things Are Right With You
  3. 3. Internal World
  4. 4. Darkened Rings
  5. 5. Enter Entirely
  6. 6. Modern Act
  7. 7. Sight Unseen
  8. 8. Strange Year
  9. 9. Realize My Fate

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