laut.de-Kritik

Seelenlos, glattgebügelt und rein auf Kommerz getrimmt.

Review von

Ausschweifende Worte für dieses lieblos zusammen gepunchte Häufchen Kommerz zu finden, ist eigentlich fast schon taktlos. Zudem bräuchte es dafür einen Inhalt. Die Zuckerpop-Nervtöter auf "Gipsy Heart" klingen aber von Minute eins bis 48 wie alles andere, das durch die Radioboxen lärmt.

Bereits nach dem ersten, in grässliches Delay getauchten "Live It Up", das Colbie ausstößt, dämmert einem, worauf man sich eingelassen hat. Der zuständige Studio-Boss hat sich offensichtlich alle Mühe gemacht, den folkig-bluesigen Hits der Grammy-Preisträgerin, die schon früher weder nach Folk noch nach Blues klangen, eine schnittige Glitschpopproduktion aufzugelen, die auch auf "Blaze" und "If You Love Me Let Me Go" Gitarrenüberbleibsel zu Justin Bieber-Pop vermatscht.

Die Auskopplung "Try" ist wohl das, was man im Jargon eine Ballade nennt. Erträglicherweise trieft die gähnend seichte Nummer nur vor Kitsch und nicht vor vorgegaukelter Clubtauglichkeit. Man fragt sich an dieser Stelle, ob selbst die schäbigste Dorfdisse sich diese Blöße geben würde. Skurrilerweise zeigt sich die Sängerin im Videoclip zur ersten Single demonstrativ beim Abschminken und will damit wohl suggerieren, dass die Attribute der Ungeschminktheit auch auf ihre Make-Up-Chartstürmer zutreffen – Jo, Fehlanzeige! Eher kann man sich die Mucke abschminken.

"Never Gonna Let You Down" und "Land Called Far Away" schlagen in dieselbe ausgewetzte Kerbe und geben sich ebenfalls in vergleichsweise bescheidener semi-akustischer Besetzung. Ausgetragen wird dieses Softeis-Surf-Geschlürfe auf dem Buckel des gemolkenen Gypsyblues, der als Aushängeschild und Alibi herhalten muss. Sogar ein Banjo darf da mal im Hintergrund für chilligen Country-Flair sorgen.

Die Gitarrenpop-Dance-Whatever-Plörre löst im Mittelteil zwar vorübergehend ausgelutschte Synthie-Schlager ab, alsbald kehrt aber das glattgebügelte Produktions-Ekelpaket zurück. Seelenloser Ramsch wie "Nice Guys" und "Floodgates" braucht die Musikwelt ungefähr so wenig wie das neue Coldplay-Album. Und überhaupt kann ich mich der Assoziation nicht erwehren, dass man hier ein Toys-R-Us-Keyboard-Kinderset malträtiert und sich dessen Effekte bedient. Ein Vorwurf, den man den erwähnten Akustikbeilagen, die nahtlos an Colbies "Coco"-Erfolgshit "Bubbly" von 2007 anknüpfen, nicht machen kann.

Den Tiefpunkt stellt schließlich "Hold On" dar, das als zweite Vorab-Single aktuell auch die Radiokanäle der Republik zumüllt: Die penetranten "Ou-ouh"-Schleifen machen derart aggressiv, dass man nach drei Minuten schon meint, den Song 45 Mal am Stück gehört zu haben.

An den eigenen Ansprüchen zu scheitern beim Versuch anders zu klingen ist das eine. Eine so dermaßen herzlose und abgezockte Platte von absoluter X-Beliebigkeit und fehlender musikalischer Ambition in die Welt zu schießen, stinkt jedoch nur so nach kommerziellem Kalkül.

Trackliste

  1. 1. Live It Up
  2. 2. Blaze
  3. 3. If You Love Me Let Me Go
  4. 4. Try
  5. 5. Never Gonna Let You Down
  6. 6. Land Called Far Away
  7. 7. Nice Guys
  8. 8. Floodgates
  9. 9. Just Like That
  10. 10. Break Free
  11. 11. Never Getting Over You
  12. 12. Bigger Love
  13. 13. Hold On

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