laut.de-Kritik
Überopulentes Nebenprodukt zum temporären Weltruhm.
Review von Markus BrandstetterFanfaren ertönen, und ganz bestimmt weht auch ein Wind durchs lange, schwarz glänzende Haar. Der Dramaturgie wegen. Und weil wir 'unstoppable' sind, fahren wir gleich von Anfang an mit dem maximalen Level an Dramatik und Sinfonie auf, mit rollenden Snaredrums und Pauken und auch genug Disco. Mit James-Bond-Balladen und Liedern wie gemacht für Eröffnungszeremonien von Olympischen Spielen und Großereignissen. Give me one moment in time!
Conchita Wurst hat sich Zeit gelassen mit dem ersten Album, wenn auch nicht zu lange. Ein Schnellschuss hätte alles wieder schnell kaputt machen können. Jetzt, wo der Eurovision Song Contest nach Wien kommt, ist dann aber doch der richtige Zeitpunkt für ein Album. Ist sowieso nur Beiwerk eigentlich, das mit der Musik. The show must go on! Den Song Contest, den hat Conchita ja bereits gewonnen. Jetzt soll alles andere dran sein. Jeder gottverdammte rote Teppich. Die Grammys, die Laufstege. Alles.
Das muss Schlag auf Schlag gehen. Hier wird geklotzt, aber in blinkenden Großbuchstaben, aus denen Raketen herausschießen. "You Are Unstoppable", "Up For Air", "Put That Fire Out": Streicher und Opulenz, Chöre und Euphorie. Freude schöner Götterfunken, Töchter des Elysiums. Feuer und Feuerwerke, wehende Roben passend zur Tonart, Blitze und Konfettiregen.
"Where Have All The Good Men Gone" ist eine kurze Verschnaufpause irgendwo zwischen Soul und Pop, dann geht es weiter mit den am besten auf Bergspitzen, an einsamen Stränden und im Siegesrausch zu singenden Hymnen. "Firestorm" kommt als Disco-/Eurotrash daher, "Pure" ist wieder eine Geheimagenten-Ballade im Auftrag ihrer Majestät.
Und fast am Ende dann, man kennt ihn bereits, den ESC-Gewinnersong "Rise Like A Phoenix". Das beste "Golden Eye" seit "Golden Eye". Glitzerkleid und Pauken und Trompeten. Hätte auch als Schlusslied bestens funktioniert, die Nachhut bildet aber "Other Side Of Me", überraschenderweise eine Ballade mit viel Dramatik und Chören.
Das Debütalbum von Conchita Wurst als solches, mein Gott, das geht als wohlkonstruiertes, überopulentes Nebenprodukt zum temporären Weltruhm der Wurst in die Geschichte ein (oder eben nicht), als mit Glamour und Dramatik vollgestopftes, eh toll gesungenes, ein bisschen arg aufgeblasenes Bombast-Pop-Album. Voll auf die Pop-Zwölf, aber halt schon auch sehr austauschbar und egal. Scheiß drauf, jetzt erstmal Champagner für alle.
12 Kommentare mit 19 Antworten
Musik für Molten und Rechti, meine kleinen Pannies!
Obacht, Lauti! Man steht kurz davor deine Aktivitäten als Sittenstrolch vom Brüser Berg aufzudecken. Vorsicht ist angesagt...
Obacht Molti! Man steht kurz davor verschiedene andere Aktivitäten....
Du weißt schon. Vorsicht ist angesagt...
Und jetzt gönn Dir Conchita, Poi!
Weltruhm....- das stimmt. Man kennt uns wegen Mozart und Kugeln, Stephansdom und Sound of Musik und Falco und ....Conchita! (und einige meinen, wir hätten wieder eine Kaiserin, dabei haben wir gerade 70Jahre II.Republik gefeiert....)
Natürlich ist das Album überopulent und aufgeblasen - von Conchita würde man nichts anderes erwarten. Stille Kammermusik würde ihr ja nicht stehen. Mir gefällt das Endresultat und verleihe (zugegebenermaßen etwas übertriebene) 4 Sterne.
Und das ist für Dich ein Zeichen einer vitalen Gesellschaft?
Ist schon interessant, dass man heute nur einen auf Transe machen muss, um den dicken musikalischen Raibach zu machen. Ohne das peinliche Bärtchen eine in der Versenkung verschwommene Popproduktion.
Hey Sancho.
aber sie hat doch eine super Stimme, und sie tritt überall sehr elopent auf und macht überall eine super Figur...