laut.de-Kritik
Meine Platte des Monats: Cotton Mather's Lonely Hearts Club Band!
Review von Michael Schuh"I fucking wish it was ours. I play it all day at home."
Was bleibt mir da anderes übrig, als mich ausnahmsweise geschlossen hinter Liam Gallagher zu stellen, der mit diesem Zitat seine Hochachtung für das zweite Album der texanischen Cotton Mather ausdrückt. Unschwer zu erraten ähnelt das Klangbild des Trios verdächtig dem der Mutter aller Boygroups, wofür Oasis ja auch schon gerühmt wurden. Was Cotton Mather aber mit einem ordinären Vierspur-Recorder (Keep it real!) auf Rille und Plastik bannten, ist meine Platte des Monats und schickt den lächerlichen Britpop-Hype früherer Tage endgültig ins Reich der Fabeln.
Auf "Kontiki" tänzeln bezaubernd süsse Hooklines derart geschmeidig auf Ohrwurm-Melodien, überfluten mehrstimmige Gesänge so harmonisch prickelnd die Gehörgänge, dass der Beatles-Vergleich, so alt er sein mag, in diesem Fall unumgänglich ist. Und vielleicht zum ersten Mal zutrifft. Auch wenn "Camp Hill Rail Operator" noch alternativ losrockt, die 60er Perlen kommen: "Spin My Wheels", Ballade mit Akkustikgitarre, würde als Album-Track auf "Sgt. Pepper" noch eine gute Figur machen und "She's Only Cool" ist der Pop-Hochkaräter unter allen Juwelen.
Psychedelic hin oder her: Cotton Mather klingen zwar hoffnungslos retro, geizen aber auch nicht mit verqueren Stromgitarren-Fill-Ins Marke Pavement und Eels-schen Rückkopplungsphrasen. Bei "Church Of Wilson" lässt Harrison (ja!) dann mal richtig die Stimmbänder jucken, passt! Dennoch: ist der Schluss von "My Before And After" nicht ein Hommage-Zitat an den von "I Want To Hold Your Hand"?
Aber bleiben wir bei den Fakten: nie hat ein Sänger in den letzten 20 Jahren so unheimlich nach John Lennon geklungen und selten bekommt man ein Album mit 14 Tracks ohne Downer in die Hände. Da darf auch ein Liam Gallagher mal neidisch werden.
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