laut.de-Kritik
Australiens Indie-Queen sucht das Glück der Leichtigkeit.
Review von Alexander KrollAzur, Cyan, Enzian. Soweit das Auge reicht dekorieren einzig und allein Blautöne das neue Albumcover der australischen Indie-Queen. Mehr noch als bei "Sometimes I Sit and Think, and Sometimes I Just Sit" und "Tell Me How You Really Feel" zelebriert Courtney Barnett auf "Things Take Time, Take Time" die Kunst der überschaubaren Farbpalette.
Als passende Promoaktion bietet Barnetts Homepage aktuell die Möglichkeit, bei allen Songs des neuen Albums die Mischpultregler hoch- und runterzuschieben. Hier der Bass, dort das Jangle-Lick, dazwischen die Drum Machine. Im interaktiven Minimalismus wird spürbar: Einfachheit kann ziemlich eintönig sein, aber zuweilen auch den Ton angeben.
"Things Take Time, Take Time" dreht Barnetts Reduktionsästhetik in eine neue Richtung. Während die ersten Alben stark von E-Gitarren und Entrüstung angetrieben wurden, regiert jetzt eine akustische Ausgelassenheit und Zuversicht. Produziert mit der Schlagzeugerin Stella Mozgawa (Warpaint, Kurt Vile, Sharon Van Etten) liefert das Drittwerk zehn federleichte Songskizzen, die sich zwischen charmanter Erkundung und fehlender Schärfe bewegen.
Im Easy Listening-Modus reichen Barnetts Assoziationen und Aphorismen von alltäglichen Kleinigkeiten bis zum weiten Blick aufs Universum. Da geht es um die Müllabfuhr, Schlüssel zur neuen Wohnung, kalte Füße im Bett und die Versöhnung, die auf zugeschlagene Türen folgt. Gleichzeitig geht die Sonne auf und unter, Sterne weisen den Weg, selbst wenn sie irgendwann verschwinden, Zeitzonen entstehen, Bäume ergrünen.
All die kleinen Weltbilder entfalten sich im ständigen Suchen nach Kommunikation. Briefe werden erwartet, geschrieben, nie abgeschickt. Ringsumher irrlichtern Liebeserklärungen, versprochene Rückrufe, Interpretationen von Funkstille. Vieles davon dient auch als Ansprache an die Zuhörenden, die mal einladend umarmt, mal plaudernd ermüdet.
Gleich in den ersten beiden Tracks offenbart sich das Stärkste und Schwächste, das Barnetts alltagsnaher Slackerstil zu bieten hat. "Rae Street" liefert einen lässigen, aber fein komponierten Tagebucheintrag, der eine australische Straße vom Morgen bis zur Nacht ins Visier nimmt und in einem starken Chorus erstrahlt. Demgegenüber nähert sich "Sunfair Sundown" mit der refrainlosen Reihung gleichförmiger Gesprächsfetzen über ein schlichtes Gitarrenriff geradezu einer Karikatur von Barnetts Lo-Fi-Ästhetik.
Wie im Albumtitel angekündigt, kommt das Album nur langsam in die Gänge. Träge gerät die musikalisch in Hall getauchte und lyrisch arg ausbuchstabierte Sehnsuchtsballade "Here's The Thing" bis immerhin ein Refrain melodische Abwechslung bringt. Für mehr Auftrieb sorgt die Streitschlichtung "Before You Gotta Go", die geschickt ein verzerrtes Blues-Muster mit einem verspielten Kinderreim-Chorus verzahnt. "Turning Green" folgt zweieinhalb Minuten lang einem monotonen DIY-Beat, startet dann aber eine ausschweifende Jam-Session aus erhabenen Piano-Akkorden und wilder Telecaster-Improvisation.
In der zweiten Hälfte findet die Monotonie den richtigen Motor. Mit dem Liebeslied "If I Don't Hear From You Tonight" gelingt eine heitere Balance zwischen Eingängigkeit und Abwechslung. Ähnlich kombiniert "Write A List Of Things To Look Forward To" eine lebhafte Riff-Dynamik mit einer philosophischen Circle-of-Life-Lockerheit ("A baby is born / As a man lay dying / And so, on it goes"). Das universelle Potential des Einfachen kulminiert in der andächtigen Nachthymne "Oh The Night". Gegenüber dem morgendlichen Albumbeginn ("In the morning I'm slow") schließt das Nachtmotiv auf klassische Weise den Albumrahmen.
1 Kommentar
2/5 Sterne eher. Leider blubbert das Album vor sich hin. Eigentlich kann die Frau sehr,sehr viel mehr. Das letzte Album war ne richtig großartige Steigerung ihrer Qualitäten. Das wurde hier auf dem Album komplett gegen Easy-Listening-Mist ausgetauscht.