laut.de-Kritik
Haben auch nach 25 Jahren noch etwas mitzuteilen.
Review von Giuliano BenassiVier Platten in 18 Monaten zu veröffentlichen ist eine respektable Leistung. Umso mehr, wenn sie von einer Band kommt, die qualitativ hohe Maßstäbe setzt und nicht dafür bekannt ist, sich die Songs aus dem Ärmel zu schütteln.
Verantwortlich für die Leistungsexplosion zeichnet Gitarrist Michael Timmins, der auch auf der vorliegenden, abschließenden CD der "Nomad Series" alle Lieder selbst geschrieben, produziert und abgemischt hat. Dass sie auf dem eigens gegründeten Label erschienen sind, zeigt auch, dass er ohne die Einschränkungen der traditionellen Labelwirtschaft seiner Kreativität freien Lauf lassen kann.
Nachdem Timmins auf Vol. 1 "Remnin Park" einen Chinaaufenthalt aufarbeitete, Vol. 2 "Demons" dem verstorbenen Freund Vic Chesnutt widmete und das in nur vier Tagen aufgenommene Vol. 3 "Sing In My Meadow" der psychedelischen und bluesigen Ader der Band Tribut zollte, bildet das vorliegende Vol 4 "The Wilderness" den existentialistischen Abschluss der Serie.
Wobei "Wilderness" mehr bedeutet als "Wildnis" im Sinne von unberührter Natur (im Gegensatz zu von Menschen Geschaffenem) – es ist eher ein Gemütszustand, der mit allein sein zu tun hat. "Der Titel beschreibt irgendwie ganz gut, worum es auf diesem Album geht: Zerbrechlichkeit, Leere, Einsamkeit, Schönheit, Chancen, Verlust, Verzweiflung – die Gratwanderung, die das Leben ausmacht. Man verläuft sich in der Wildnis des Elternseins, des Älter Werdens, der Suche nach einer Bedeutung, nach Substantiellem, nach Glück und Wahrheit im täglichen Leben. Die Stücke handeln davon, genau inmitten von all diesem zu stehen, die kalte, stille Luft einzuatmen und nachzudenken", erklärt Timmins dazu.
Musikalisch bewegen sich er und seine Band dagegen auf gewohntem Terrain. Schwester Margot haucht sexy und angeraut, wenn auch entrückt ins Mikrophon, die instrumentale Begleitung fällt leise und leicht schwermütig aus, wobei Wurlitzer und Vibraphon eine zentrale Rolle spielen.
Die intensive Aktivität der letzten zwei Jahre hat nicht zu Abnutzungserscheinungen geführt, ganz im Gegenteil. Ganz ruhige Stücke wie "Angels In The Wilderness", "Staring Man" und "I Let Him In" bilden eher die Ausnahme.
Im Opener und in "Damaged From The Start" geht es verhältnismäßig schnell zu, in "Idle Tales" kommt eine verzerrte Gitarre zum Einsatz. Bass und Schlagzeug verleihen dem kurzen "We Are The Selfish Ones" einen schon fast treibenden Groove.
Der rockige Abschluss, mit dem ungewohnt deutlichen Titel "Fuck, I Hate The Cold" erinnert entfernt an 10.000 Maniacs, die ehemalige Band der seelenverwandten Kollegin Natalie Merchant.
Vier Platten, vier unterschiedliche musikalische Ansätze, die aber alle nach Cowboy Junkies klingen. Mit der Nomad Series haben die Kanadier bewiesen, dass sie auch nach 25 Jahren Tätigkeit noch einiges mitzuteilen haben.
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