laut.de-Kritik
Get stooopid ...
Review von Andreas HierlingEs gibt Hip Hop und Hip Hop. Es gibt das Musik gewordene Proletentum, sexistisch und geldgeil bis zum Abkotzen, sooo anti und doch so konform, so vielseitig und am Ende doch nur Einheitsbrei. Und es gibt den anderen Hip Hop, für mich die wohl genialste und vielseitigste Musikrichtung überhaupt. Sie macht Plattenspieler zu Instrumenten, zeigt uns, dass Sampling alles andere ist als eine bloße unkreative Wiederverwertung existierender Aufnahmen, prägte Tanzstile wie Breakdance und Kunstformen wie Graffiti und schuf die vielleicht schillerndste Subkultur des letzten Jahrhunderts.
Während man Vertreter der ersten Gattung findet wie Sand am Meer, sind die Vertreter letzterer eine besonders seltene Erscheinung und - wie es scheint - vom Aussterben bedroht.
Einst war es ein Exemplar namens Dj Shadow, das mir mit den wegweisenden Scheiben "Endtroducing" und "Preemptive Strike" sowie zahlreichen funky-groovenden Mixtapes diese zugegebenermaßen etwas schizophrene Sicht auf die Hip Hop-Kultur eröffnete. Seine deepen Grooves, satten Breaks und psychedelisch-atmosphärischen Melodien ließen mich an meinem zuvor fest gefassten negativen Bild des Hip Hop zweifeln.
Doch auf Dj Shadows neuestem Output "The Outsider" prallen diese Welten aufeinander, geben sich große Rapper wie Lateef The Truthspeaker und Hyphy-Nasen wie E-40, Keak Da Sneak und Turf Talk, deren Motto "Get stooopid" sie alle wohl offensichtlich kaum mehr zu befolgen brauchen, die Klinke in die Hand. Bouncende 0815-Raptitel wechseln sich mit bluesig-folkigen, funky-souligen Tracks, fragilen, psychedelisch-atmosphärischen Tunes und wirklich Shadowesken Beats ab.
Als Highlights der Platte sind definitiv das rasend schnelle "Artifact" zu nennen, das mit seinen hyperaktiven Drums über wildem, meist abgestopptem Gitarrengeschrammel wohl auch den experimentellsten Track des Albums markiert, sowie das eher gediegen rockig anmutende "The Tiger". Dieser Track ist für mich neben "Enuff", einem tight produzierten Rap-Clubhit, der einzige, der von den gefeatureten Gästen eindeutig profitiert. Bei den leicht weinerlich bis extrem jammerhaften Titeln "Erase You" und "You Made It" mit Chris James fragt man sich dagegen unweigerlich, ob denn Thom Yorke keinen Bock hatte und man so auf die Schnelle einen billigen Ersatz finden musste.
Überhaupt klingt "The Outsider" unvollständig und beliebig. Man könnte auch von "stilistischer Vielfalt" sprechen, doch fehlt eine Konstante, wie etwa bei einem Tonträger mit teilweise unfertigen Demotracks für drei unterschiedliche Alben. Es ist einfach schwer vorstellbar, dass jemand sowohl einen Gangsta-Rap-Song wie "3 Freaks", ein experimentelles Beatgewitter wie "Artifact" und ein gediegen funky-souliges "This Time" gemeinsam auf einer Platte schätzen wird.
So fällt es auch äußerst schwer, ein Urteil über "The Outsider" zu fällen, da immer wieder perfekte Ansätze aufblitzen, zwei absolute Hammersongs zu finden sind, sich andererseits aber mit den dominierenden und scheinbar auch am besten ausgearbeiteten HyPhy-Tracks Belanglosigkeit breit macht. Aktueller Charts-Rap klingt auch nicht wirklich anders.
17 Kommentare
man darf getrost völlig irritiert dreinblicken. man kann gerne auch frustriert sein, enttäuscht, gefoppt. das trifft auch alles zu.
aber ab track 8 wirds besser bis grandios. musterfall von glück im unglück.
mein voreiliges urteil lautet 6-7/10
under the blood red sky under the blood red
under the blood red sky under the blood red...
der gute chris james hört sich stellenweise beinahe an wie thom yorke.
erm ... das klingt ja nicht so begeistert. wie klingt denn die erste hälfte?
Eher Hip Hop-lastig? DAs wäre jetzt so meine Prognose gewesen.
@himself (« ja, mein fehler. sorry. »):
Hä?
himself=azure!
Vielleicht liegt es daran?
lol azure.
go ircgalerie du schnaubi