laut.de-Kritik
Dieser musikalische Kosmos scheint unendlich.
Review von Karim ChughtaiAuch beim fünften Solo-Album zeichnet sich schnell ab, dass Vadims Stärken im Facettenreichtum seines musikalischen In- und Outputs liegen und der Albumtitel nicht von ungefähr kommt. Vorstellungskraft lässt sich eben nicht erlernen – U Can't Learn Imaginashun!
2008 war kein einfaches Jahr für DJ Vadim. Obwohl er mit DJ Krush, Slick Rick oder Fat Freddy’s Drop international tourte und auch noch ein Album produzierte, war das Jahr von Rückschlägen geprägt. Familiäre Sorgen um Eltern und Ehefrau als auch der eigene Kampf gegen Augenkrebs bestimmen den Gefühlszustand des neuen Albums. Auf das Negative folgt das Positive.
Während NTMs Big Red im ersten Track "Soldier" in gewohnt flotter Manier Double Time, seine französischen Raps über den aus dem Reggae entlehnten Beat zum Besten gibt, stellt 5Nizza mit seiner Hook die Message ganz klar: "I'm A Soldier". Statt Melancholie oder Drama findet der glückliche Ausgang des Kampfes in Form von harmonischen Streicher- und karibischen Orgel-Elementen Gehör.
Vadim wäre jedoch nicht Vadim, wenn sich diese Aussage nun monoton, Track für Track, durch den gesamten Longplayer ziehen sollte. "R3 Imaginashun" fährt bereits das Gegenprogramm auf. Hier ein Bleep, dort ein verzerrter Vocoder-Effekt. Plötzlich begegnet einem hier eine Kombination aus Trip Hop, Dub, Hip Hop und der elektronischen Variante von Nightmares on Wax mit der Devise "Listen To The Futuristic Sounds".
Gespickt von knisternden Samples aus der Soul/Funk Ära, äußerst guten Rap-Flows und zerhackten Streichern trifft man bei "That Lite" auf einen absoluten Clubtrack, der von Jay-Z persönlich stammen könnte. "You Are Yours", das mit funky Beats, einer schweren groovigen Bassline und guten Reimen von Yarah Bravo dem eigentlich eher langsamen Stück eine unglaubliche Dynamik verleiht, eignet sich ebenfalls bestens für die Tanzflächen.
In eine ganz andere Richtung geht dagegen "Under Your Hat" und lässt fast schon Sades Smooth Operator wieder aufleben. Reggae Elemente gepaart mit hauchzarten aber doch rauhen Vocals von Kathrin Deboer machen den Track zur einem kleinen Nachtclub-Soundtrack für sich.
Sei es Hip Hop, Reggae, Electro, Jazz, Dub, Ska oder Funk, DJ Vadim vereint alle Genre in beliebiger Kombination miteinander. Von der Oldschool Hip Hop Produktion mit einem Funk Sample bis hinzu dem viel gescholtenen Einsatz des Autotune-Effekts in "Saturday Night", vom Uptempo Kopfnicker zur lieblichen langsamen Nummer, die mit butterweichen weiblichen Vocals verziert wird ("Thrill Seeker", "I Want To Shout Out"), das Album vermengt alle Stile und tut sich tatsächlich nur in seiner eigenen Genrebezeichnung schwer.
Hört man sich die Zutatenliste genauer an, so klingen die Kombinationen geradezu bizarr. Samples aus russischer Folklore, einem melancholischen Piano, einer Panflöte und sogar Italo Pop-Fragmenten dominieren beispielsweise "Beijos". Hört sich schrecklich an, klingt aber super und passt erstaunlich gut zusammen. In "Maximum" oder "Tu He Ma Ne Toddy" werden als tragendes Sample für Melodie und Hook indische Volkslieder herangezogen. "Hidden Treasure" überrascht dagegen auf einmal mit einer temporeichen Ska, Reggae, Rocksteady-Nummer.
Der musikalische Kosmos des gebürtigen Russen scheint unendlich. Experimentelle und innovative Musikproduktionen, von Hochklasse-MCs unterstützt, sei es mit Flow oder Conscious Rap, zeichnen "U Can't Lurn Imaginashun" aus und versorgen jede Gefühlslage sowie jede Stilrichtung.
Wie viel Vorstellungskraft und Kreativität muss man besitzen, um diese Samples miteinander zu kombinieren ... U Can't Lurn Imaginashun!
2 Kommentare
Gute Platte und eigentlich ist die Kritik auch ganz ok. Aber dann ist da dieses Tracklisting bei dem in zwei Liedern etwa die "Gefeaturten" als Liedtitel erscheinen. Klar sind die Titel bei Hip Hop-Acts eine größere Herausforderung als bei Metal-Sachen. Aber das hier ist unter aller Kanone...
ist der Titel dann auch noch falsch geschrieben...