laut.de-Kritik

Unverstromt und unverschämt gut.

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Mit "Troika" erscheint dieser Tage ein unverstromtes, aber unverschämt gutes Exponat der Herren D'Virgilio, Morse & Jennings. Simpler als im prog-metallischen Dunstkreis der Stammformationen Big Big Train, Neal Morse Band und Haken gehalten, verzücken die drei Röhren mit tollen Gesangsharmonien, die in der Tradition der Beatles, Simon & Garfunkel und Crosby, Stills & Nash angesiedelt sind.

Innerhalb dieses Referenzrahmen bilden Folk und allerlei Akustik-Instrumente die Grundlagen. Es finden sich auch Spurenelemente des Rock wie im elektrisierenden "King For A Day" mit deutlichen Springsteen-Anleihen. "Second Hand Son" ist ein Blues-getränkter Rocker, wie ihn Morse und D'Virgilio auf dem letzten gemeinsamen Spock's Beard Album "Snow" zelebriert haben.

Auch wenn das Songwriting wie angesprochen einfacher gestaltet ist, sind die Herren weit von gängigen Strophe/Refrain-Schemata entfernt. Insbesondere D'Virgilio tritt als Meister des C-Parts auf, nachzuhören in den Songs "My Guardian" und "Everything I Am".

Entstanden ist das Projekt aus einer Lockdown-Laune heraus. "What You Leave Behind" schrieb Neal Morse für seine Tochter, die einen neuen Lebensabschnitt begonnen hatte. Der letzte Track des Albums markiert somit den Start des Projektes. Die Zusammenarbeit mit D'Virgilio lag auf der Hand. Man kennt sich aus alten Beard-Zeiten.

Ross Jennings ergriff die Chance, da er parallel zur Arbeit an seinem gemäßigten Soloalbum einiges an vergleichbarem Material angesammelt hat und es für ihn eine große Ehre darstellt, mit den beiden Großmeistern der gepflegten Prog-Kunst zu arbeiten. Dass sich die beiden hohen Stimmen von D'Virgilio und Jennings nicht beißen, sondern prima ergänzen, spricht für den Teamgeist der Kollaboration.

Experimentierfreude und Austüfteln stehen am Anfang. Das Verständnis vom Zusammenspiel der unterschiedlichen Stimmen beginnt zu wachsen. Im Spektrum zwischen Folk und Rock platziert D'Virgilio sowohl Percussion wie Cajón, aber auch seine allseits bekannte Schlagzeug-Kunst. Die Klaviergesten von Morse fallen raumgreifend und pittoresk gleichermaßen aus. Der Bass dreht Pirouetten und umspielt häufig melodisch die Grundtöne.

Nicht alles was den drei Goldkehlchen entfleucht reißt mit. Die Lagerfeuerromanze "Set My World On Fire" und der Country-Song "One Time Less" plätschern ohne Reibungspunkte dahin. Im Falle der songwriterisch ausgeklügelten und wahre Stimmfonien darstellenden "Everything I Am" oder "King For A Day" ist der Eintrag ins Klassiker-Register hingegen ausgemachte Sache. Fans der Stammformationen bekommen mit den Konterfeis des Singer/Songwriter-Triumvirat Verlässlichkeit und Sicherheit, in der Zusammenstellung und Fokussierung auf die Stimmen aber auch Neues und Überraschungen geboten.

Trackliste

  1. 1. Everything I Am
  2. 2. Julia
  3. 3. You Set My Soul On Fire
  4. 4. One Time Less
  5. 5. Another Trip Around The Sun
  6. 6. A Change Is Gonna Come
  7. 7. If I Could
  8. 8. King For A Day
  9. 9. Second Hand Sons
  10. 10. My Guardian
  11. 11. What You Leave Behind

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