laut.de-Kritik
Gelungener Spagat zwischen Synthie- und Future-Pop.
Review von Stephan HageböckRemix-CDs scheinen momentan eine recht beliebte Einnahmequelle von Plattenfirmen und Bands zu sein. Anders als bei dem ebenfalls derzeit grassierenden Cover-Fieber darf man hier nicht nur auf kreative Neueinfälle hoffen, sondern bekommt diese dann auch gelegentlich erfüllt. Riecht dann ein Remix-Album alter Songs einer Band noch mehr nach Geldmache?
De/Vision machen heute "Progressive Pop"; sagt zumindest die Band selber. Als sie anfingen Musik zu machen, nannte man das noch Synthie-Pop. Musikalisch haben sich De/Vision, genauso wie Depeche Mode, weiter entwickelt. Genauso wie jene klingen diese aber immer noch verdammt nach den Elektro Pop Urvätern. 1993-1996 taten sie das noch mehr wie heute. Aus dieser Zeit stammen ihre ersten professionellen Aufnahmen, allesamt eingespielt beim Strange Ways-Label. Fans durften Anfang des Jahres 2002 auf der De/Vison-Homepage ihre Lieblingssongs aus der Zeit bei Strange Ways benennen. Die Top Ten dieser Hitliste wurden völlig neu eingesungen und von Jose-Alvarez Brill, seines Zeichen Produzent u.a. von Wolfsheim und Witt, komplett neu produziert. Ge-remixed also.
Tatsächlich kommen mit "Remixed" Fans fast aller kommerzieller und aktueller elektronischer Spielarten auf ihre Kosten. Was Bands wie VNV Nation oder Apoptygma Berzerk schon früher in diesem Jahr in den absoluten Future Pop-Himmel katapultierte, produziert JAB in den Mixen von z.B. "Get over the wall" oder "Free from cares" nicht schlechter. Insbesondere "Endlose Träume" gelingt der Spagat und dürfte, wenn auch zu spät für die Berliner Love-Parade, auf den aushaltbareren After-Move-Parties der Zürcher Streetparade genauso gefallen. "Dress me when I bleed" oder "Bleed me white" hingegen werden manch' schwarz gekleidete Fee oder bleichen Kobold in den schon lange dem Untergrund entstiegenen Goth-Clubs dieser Welt auf die Tanzfläche locken. Abgerundet wird die reguläre Ausgabe mit "Blue Moon '99", einer unveröffentlichten Single-Version der Klassikers von 1995.
Sechs bis neun Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung bieten die vorliegenden Lieder die Möglichkeit, in einer zeitgenössischen Version neue Fans zu gewinnen. Ein legitimer Versuch wie ich finde. Die Auswahl kommt ja zudem auch von (alten) Fans, denen ich durchaus den Wunsch abnehme, gute Songs einmal etwas anders gewürzt kosten zu wollen. "Remixed" ist also mehr wie nur gute Hausmannskost!
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